Lasst die Wälder in Ruhe
Wir hören im Moment viel vom Artensterben und denken dabei als erstes an Bienen und andere Insekten. Aber wer denkt beim Artensterben an Bäume und Wälder? Ja, auch unsere Wälder sind vom Aussterben bedroht, und Deutschland liegt dabei voll im weltweiten Trend. Deshalb unterstützen wir mit diesem Beitrag das Bergwaldprojekt, um unsere Wälder zu retten. Und tatsachlich gibt es ein klein wenig Hoffnung für unsere Wälder – aber auch viel zu tun!
Schon immer haben Menschen mehr Bäume gerodet als gepflanzt. Daran hat sich bis heute nichts geändert, obwohl wir inzwischen ganz genau wissen: Wälder können viel mehr, als Platz für Weide- und Agrarland zu schaffen. Wälder bieten vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Sie sind unverzichtbar für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Wälder schützen Böden vor Erosionen sowie angrenzende Flächen vor Wind und Frost. Außerdem halten sie den Wasserhaushalt der Natur im Gleichgewicht und reinigen unsere Luft. Wälder haben einen kühlenden Effekt und bieten uns Erholungsraum.
Etwa ein Drittel der Landfläche Deutschlands (11,4 Millionen Hektar) ist mit Wald bedeckt. Unsere häufigsten Baumarten sind die Nadelbäume Fichte (25 Prozent) und Kiefer (23 Prozent), gefolgt von den Laubbäumen Buche (16 Prozent) und Eiche (11 Prozent). (Quelle: Kohlenstoffinventur 2017).
Unseren Wäldern geht es nicht gut
Aber unseren Wäldern geht es nicht gut. Durch die trockenen Hitzesommer in 2018 und 2019 starben in Deutschland mehr als 2000 Quadratkilometer Wald ab – das entspricht ungefähr der Fläche des Saarlands. Die trockenen Sommer, Abholzungen, Stürme und Schädlinge, wie der Borkenkäfer, lassen ganz besonders die alten Wälder schwinden – und das ist gar nicht ohfamoos. So haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in einer Studie nachgewiesen, dass ältere Wälder eine höhere Artenvielfalt aufweisen und viel mehr Kohlenstoff einlagern können als jüngere Waldbestände.
Deutschlands Wäldern droht jetzt die nächste Dürre im dritten Jahr in Folge. Das bedeutet großen Stress für unsere Waldökosysteme. Daten des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig zeigen, wie trocken die Böden in Deutschland sind. Die Niederschläge des Winters haben bei weitem nicht ausgereicht, um die Wasservorräte aufzufüllen. In Bodenschichten bis 25 cm und sogar bis 180 cm Tiefe herrscht vielerorts Dürre.
Es zeichnet sich eine Fortsetzung des flächigen Absterbens ganzer Waldbestände ab.
Um das Ruder herumzureißen, müssen entschlossene Anstrengungen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe und zur Senkung unserer CO2-Emissionen unternommen werden, berichtet der Verein Bergwaldprojekt e.V. Der Wald in Deutschland muss gegenüber drohenden Wetterextremen widerstandsfähiger gemacht werden. Dies kann aber nur gelingen, indem wir unsere Wälder naturnäher bewirtschaften als bisher – weg von Nadelholzmonokulturen und hin zu naturnahen Laubmischwäldern.
Das Ziel der Bundesregierung, 5 % der deutschen Wälder einer natürlichen Entwicklung zu überlassen, muss endlich umgesetzt werden.
Für die Bewirtschaftung unserer Wälder bedeutet dies weniger Holzernten und eine konsequente Schonung des wasserspeichernden Bodens. Dadurch könnten größere, geschlossene Wälder und ein kühleres und feuchteres Waldinnenklima entstehen. Durch mehr Holzvorrat und mehr Totholz in den naturbelassenen Wäldern würden Stabilität und Artenvielfalt verbessert.
Ein paar positive Trends
Zwar sehen Forscher auch positive Tendenzen: So führen in Mitteleuropa die kürzeren Winter dazu, dass Bäume vielerorts früher Blätter austreiben und auch im Herbst eine längere Vegetationsperiode haben. Zudem fördere die zunehmende Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, die eigentlich den Klimawandel antreibt, das Baumwachstum. Das ist allerdings nur möglich, so lange genügend Wasser und Nährstoffe vorhanden sind.
In Bayern, so berichtet die Sueddeutsche Zeitung, hat man deshalb jetzt vier weitläufige Naturwälder ausgewiesen. Die Flächen im Irtenberger Wald nahe Würzburg, im fränkischen Steigerwald, am Donaudurchbruch bei Weltenburg und entlang der Isar von München nach Landshut umfassen zusammen 5000 Hektar Wald. Das entspricht einem halben Nationalpark. Und wie in einem Nationalpark ist in ihnen künftig Forstwirtschaft tabu. So könnten sich die ökologisch höchst wertvollen und artenreichen Waldbestände ohne menschliche Einflüsse weiterentwickeln. „Wir lassen sie zu wilden Wäldern werden“, sagt Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber „und damit zur Heimat für seltene Pflanzen und Tiere, die auf größere unberührte Flächen angewiesen sind.“
Für eine solche naturnahe Waldbewirtschaftung engagiert sich das Bergwaldprojekt seit 30 Jahren in Deutschland. Es wurde 1987 im Hinblick auf die Waldsterbensdebatte gegründet. Die Idee: Erhalt, Pflege und Schutz des Waldes im Berggebiet durch Pflege und Aufforstung in Arbeitseinsätzen. Mitmachen kann jeder ab 18 Jahren, die Einsatzorte befinden sich in ganz Deutschland. Ein Einsatz dauert eine Woche. Um die Anfahrt muss man sich selbst kümmern, Unterkunft und Verpflegung stellt das Projekt. Wer keine Zeit hat, selbst mitzuarbeiten, kann auch spenden. Aktuell könnt ihr dort auch den offenen Brief zum Klimakonjukturprogramm an die Bundesregierung lesen.
Wer sofort etwas tun möchte, dem lege ich die Suchmaschine Ecosia ans Herz. Mit dem aus Anzeigen erwirtschafteten Gewinn pflanzt Ecosia Bäume. Wer Ecosia statt Google nutzt, sorgt dafür, dass Bäume gepflanzt werden.
Wer sich noch weiter mit dem Thema beschäftigen möchte, dem empfehle ich diese Seite auf Utopia. Hier findet ihr noch 14 weitere Organisationen, die sich für den Erhalt unserer Wälder einsetzen. Und Elke hat einem Baum in Australien mal gemailt – und Antwort bekommen 🙂
Text und Fotos: Sonja Ohly