Elterncoaching: Der Mut-Macher für Familien
Wenn Christopher Goer etwas so gar nicht leiden kann, dann ist es das: Zu sehen, wie Eltern häufig ihre Kinder überbehüten, regulieren. Hier ein Rat, dort eine Hilfe; gern gewürzt mit einer Prise Angst. Ob das wohl gutgeht? Sorgenvolle Blicke. Kann das klappen? – Ja, und wenn nicht, was passiert dann eigentlich? Krise oder doch #volldasguteleben? Ein Interview für alle, die mehr über Elterncoaching wissen möchten.
Elke hat mit dem Ex-Hauptschul- und Grundschullehrer, den einige bereits aus dem ohfamoosen Mut-Talk kennen, ein Interview über Elterncoaching geführt.
Chris, wozu braucht die Welt ein Elterncoaching?
Heutzutage, und das nicht erst seit Corona, erleben Familien einen unglaublichen Druck in Bezug auf Schule. Mein Lieblingssatz lautet: „Der Endspurt zur weiterführenden Schule beginnt in der zweiten Klasse!“ Was für ein Wahnsinn. Solche und natürlich auch andere Wahrnehmungen können in Coaching-Sitzungen hinterfragt und neu ausgerichtet werden. Mir geht es um ein gutes Familienleben. Dafür gebe ich Impulse, damit Kinder glücklich(er) aufwachsen können.
Was machst Du dabei anders als Erziehungsratgeber, die es auf dem Buchmarkt ja ebenfalls wie Sand am Meer gibt…
Diese Flut an gut gemeinten Tipps verunsichern mehr als sie wirklich helfen. Da wird viel zu viel generalisiert, Halbwahrheiten machen die Runde. Und selbst wenn ich mich im Dschungel der Erziehungsmethoden halbwegs zurechtfinde: Wie entscheide ich dann, welche für mich die richtigen sind? Wie setze ich vermeintliches Wissen konkret um? In solchen Situationen biete ich mich als neutrale Person an, um in einer vertraulichen Atmosphäre die ganz individuelle Familiensituation zu hinterfragen.
Du sprichst mit jeder Menge Erfahrung, als Vater und Lehrer…
Genau, auch mein mittlerweile erwachsener Sohn stammt aus einer Familie, die in die Brüche ging. Jetzt lebe ich selbst in einer Patchwork-Familie. Zudem bringe ich die Erfahrung, die ich in zahlreichen Elterngesprächen an diversen Schulen gewonnen habe, in meine Arbeit ein. Denn natürlich brauchen wir Bildung – für mich geht diese jedoch weit über das hinaus, was Schule leisten kann. Ich nenne es Persönlichkeitsbildung.
Ich helfe dabei, junge Menschen in ihre Größe zu bringen. Es geht um Potentiale.
Nun weiß ich, wie humorvoll, rücksichtsvoll und empathisch Du agierst. Ansonsten würde ich denken: Das auch noch oben drauf gesattelt…
Kinder wachsen daran, etwas ausprobieren und langsam ihre Potentiale entfalten zu sehen. Eltern können sich da zurücklehnen, ja, sie tun sogar gut daran sich rauszuhalten. Wie sieht denn ein Leben mit Mut, Begeisterung und Leidenschaft aus? Etwa, indem wir permanent korrigiert werden? Meine Vision ist es, Kindern einen Weg zum Mut zu ebnen, in allen Bereichen ihres Lebens – dass sie ohne Angst vor Fehlern durchs Leben gehen dürfen. In diesem Prozess sind Erwachsene „nur“ ideale Begleiter, nicht Erzieher.
Was lernt „man“ im Elterncoaching?
Mein Credo ist: Gelassene und zufriedene Eltern haben mutigere, lebendigere Kinder. Es geht um jede Menge Ver- und Zutrauen – in sich selbst und in die Kinder. Eltern dürfen sich auch mal entspannt zurücklehnen und ihrer und der Intuition ihrer Kinder trauen.
Gönnt den Kindern ihr Kindsein!
Meine vielfältigen pädagogischen Erfahrungen haben mir gezeigt: Einstellungen, Werte und Handlungsmuster müssen wir uns zunächst bewusst machen und sie bei uns selbst hinterfragen. Dann offenbaren sich Lösungen und der Weg wird frei, das Leben auf neue Weise anzugehen.
Manche nennen Dich den Anwalt der Kinder – mir scheint, Mut-Trainer für Eltern könnte auch passen. Was hilft Erwachsenen, mutiger in puncto Erziehung zu werden?
Ich stehe unterstützend zur Seite, wenn es darum geht, sich der eigenen kleinen oder großen Schwächen bewusst zu werden. Um sich dann realistische Ziele für Erfolgserlebnisse zu setzen. Für die Erziehung bedeutet das: Fehler und Unvollkommenheit gelassen als ganz normal ansehen – wir sind ja schließlich alle groß geworden! Nehmt den Druck raus. Und ganz wichtig: Vergesst nicht den Spaß im Leben! Denn Familienleben darf auch lustig sein! Manchmal sind es übrigens winzige Stellschrauben, damit es entspannter wird.
Neben Elterncoaching bietest Du auch Vorträge, z.B. an Schulen an…
Ja, ich nutze dieses Vorträge, um Eltern für die genannten Themen zu sensibilisieren und zu vermitteln, wie alle Beteiligten leichter und entspannter durch die Schulzeit gehen können. In den Vorträgen erzähle ich aus eigener Erfahrung als Lehrer und Vater, binde Wissen der moderenen Hirnforschung ein und spicke das Ganze mit Humor, denn ohne den macht Schule und Erziehung keinen Spaß!
Du bist ja auch Inhaber einer Kindertennisschule – resultieren Deine Werte aus dem Sport?
Stark, ja. Mir geht es um Zielstrebigkeit, Kommunikation, Verantwortung, Führung, Selbstwirksamkeit. Aber eben auch um Spaß, Freude und Körperbewusstsein.
Gilt auch für den Sportplatz: Eltern bitte draußen bleiben?
Unbedingt. Nehmen wir nur mal den Fußball: 20 Bundestrainer stehen am Spielfeldrand und korrigieren, lenken, loben und fluchen. Was soll denn ein Kind davon mitnehmen? Zumindest keinen eigenständig entwickelten Selbstwert. Die spielen da manchmal wie die Marionetten. Ferngesteuert. Lasst die Kinder in Ruhe. Kinder bekommen das ausschließlich mit dem Fußballtrainer hin und entwickeln ihren persönlichen Stolz, wenn sie es alleine schaffen.
Ich höre Eltern rufen: Und wenn das nicht klappt?
Ich finde es immer wichtig sich ernsthaft zu hinterfragen, ob ich Dinge tue, damit es mir als Elternteil ein gutes Gefühl gibt oder ob ich es wirklich im Sinne des Kindes tue.
Hast Du dafür ein Beispiel?
Bleiben wir beim Fußball – wenn ich als Elternteil zum besagten Fußballtrainer gehe und eine andere Herangehensweise einfordere oder möchte, dass mein Kind mehr Spielzeiten bekommt, dann kann es sein, dass ich das tue, weil ich eine subjektive Ungerechtigkeit nicht aushalten kann. Dem Kind geht es vielleicht gar nicht schlecht. Vielleicht macht es sogar die Erfahrung, manchmal im Fokus zu stehen und manchmal eben auch nicht.
Was schlicht nötig und nützlich ist…
Genau. Und wenn ich mir als Elternteil unsicher bin, dann kann ich immer noch in einen Eltern-Kind-Dialog gehen und durch gute Fragen auf Augenhöhe herausfinden, wie es meinem Kind wirklich geht. Daraus kann ich dann schließen, ob ich mit dem Trainer wirklich unterstützend in Kontakt treten möchte oder ob ich mich entscheide, dass das Kind es schon alleine schafft.
Danke, Chris, ich denke, viele Eltern können aus Deinen Worten viel ziehen, wissen jetzt, was Elterncoaching bewirken kann.
Christopher Goer bezeichnet sich selbst als „ein Kind der 68er“. Behütet aufgewachsen in einer 5-köpfigen Familie durfte er mutig und eigenständig seinen Weg gehen. Früh fand er die Leidenschaft zum Sport und für außergewöhnliche Reisen. In Mutproben war er groß, in sozialer Hinsicht fand er sich früher stets zu zurückhaltend. Heute geht er immer weiter über Sport und Abenteuer hinaus und folgt seiner großen Vision, Kinder so aufwachsen zu sehen, dass sie in die volle Entfaltung ihrer Potentiale kommen. Sein Anknüpfungspunkt: Erziehung von Heranwachsenden fängt immer bei den Eltern an. Dafür bietet Christopher in Elterncoachings die Möglichkeit, eigene Persönlichkeitsanteile genauer zu betrachten. Damit Familienleben so gelingt, wie es sich die Familie wünscht bzw. ihr gutut. Wer Chris kontaktieren möchte, schreibt ihm am besten eine E-Mail an: kontakt@chrisgoer.de
Fotos: Die Fotos hat Jodie-Luisa Schwarz gemacht und ohfamoos freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Danke!
Hier eine Zusammenfassung des Mut-Talks.