Viel Tempo auf dem Fußballplatz
Wo lernt man soziale Fähigkeiten? Zum Beispiel auf dem Fußballplatz. Wenn, ja wenn der Fußballtrainer es drauf hat. Womit ich nicht die spielerischen Qualitäten meine, sondern eben das, was Kinder darüber hinaus lernen. So ein Fußballtrainer ist Mario Bentivoglio aus Köln. Von dem seine Schüler sagen: Wenn Mario mal geht, dann weine ich. Warum, erfahrt ihr im Artikel von Elke Tonscheidt.
Auf ohfamoos schreiben wir ja gern über Menschen, die auf ihre Art besonders und/oder uns aufgefallen sind. Das können Schriftsteller wie Sebastian Fitzek oder Künstler wie Georg Baselitz sein. Auch weniger öffentlich bekannte Talente sind darunter, zum Beispiel der Mann, der sein Ohr verleiht. Für mich gehört Mario Bentivoglio zu den Personen, die mich immer wieder nachdrücklich beeindrucken – denn er ist ein Fußballtrainer der ganz besonderen Art!
Wer nun glaubt, über den Fußballtrainer Mario viel im Netz zu finden, der muss richtig suchen. Mario drängelt sich nicht in den Vordergrund. Weder im weltweiten Netz noch hinter dem Netz auf dem Fußballrasen. Doch wenn er erscheint, ist er sofort präsent, eben komplett DA und immer fröhlich. „Meine Art, Kinder und Jugendliche fußballerisch auszubilden, bezeichne ich als „Spaßlernmethodik“, sagt er von sich. Dazu muss ich ihn aber fragen, denn von sich selbst redet der 48jährige so gut wie nie.
Dass er „immer so positiv“ ist, begeistert auch seine großen Fans, die Eltern der kleinen Kicker. Sie spüren seine Leidenschaft ebenso und sie freuen sich, dass er sich stets Zeit nimmt. Ob vor, während oder nach den Trainings. Und er organisiert das alles natürlich in seiner Freizeit: ob Turniere, Fußballausrüstung, Whatsapp-Gruppen oder Weihnachtsgeschenke – Mario kümmert sich, unaufdringlich, auch um Details. Angetrieben von dem Wunsch, alles so persönlich wie möglich zu gestalten. Auf eine natürliche, sehr empathische Art geht er auf kleine und große Menschen ein – die das sofort spüren und anerkennen. Sich wohlfühlen.
Wen ich auch frage: Gelobt wird diese besondere Mischung aus Einfühlsamkeit und Professionalität, mit der Mario Kindern auf seine ganz eigene Art etwas beibringt. Auf der Website der von ihm mit aufgebauten Kölner Fußballschule steht:
„Nicht der Sieg eines Spiels steht im Vordergrund, sondern die Weiterentwicklung der eigenen technischen, koordinativen und kognitiven Fähigkeiten.“
So geht es primär darum, fußballerische Fähigkeiten zu verbessern – mit dem Ziel das Selbstvertrauen der Kinder zu fördern. Genau dieses wertvolle Gefühl „tanken“ sie im Training mit Mario und seinen Trainern und das steigert die Spielfreude enorm.
Wer ist der Fußballtrainer Mario Bentivoglio?
Wer ist dieser Mario? Auch ohne seinen Nachnamen zu kennen, bin ich nicht erstaunt zu hören, dass sein Vater Italiener und seine Mutter „eine Kölsche“ waren. 1970 in Köln geboren, verbrachte er, so sagt er selbst, seine Kindheit „im abenteuerlichen Ehrenfeld“ – einem ehemaligen Arbeiter- und Industriestadtteil Kölns, der vor allem von türkischen und italienischen Geschäften und Betrieben geprägt wurde. Genau dort motivierte ihn ein Nachbarsjunge, das Kicken im Verein bei Eintracht Köln zu versuchen. Da war Mario gerade sechs Jahre alt. Er blieb 14 Jahre, stand meist im Tor. Mit Unterbrechungen hat er bis zu seinem 27. Lebensjahr aktiv in diversen Vereinen gespielt.
Dann wurde er Trainer: Seit 2000 hat Mario diverse Ämter bekleidet, seit dreizehn Jahren arbeitet er bevorzugt im Kinder- und Jugendbereich.
Bolzplätze? Wird doch alles zugebaut!
Aber können Kinder nicht einfach so Fußball spielen? In unseren Städten leider immer schwieriger. „Früher“, erinnert sich Mario, „gab es noch viele Bolzplätze. Heute wird dagegen alles zugebaut: Ungezwungen Fußball spielen, mit eigenen Regeln, können die Kids heute kaum noch.“ Die Folge ist: Man wählt einen Verein um seinem Hobby nachzugehen.
So weit so gut, aber nicht jeder Verein legt so viel Wert auf Spielfreude! Auch darüber kann Mario Hunderte von Geschichten erzählen, exemplarisch nur eine:
„Ein Junge, Jahrgang 2000, spielte vom 6. bis zum 10. Lebensjahr in einem absolut leistungsorientierten Team. Von seinem Trainer wurde er oft vor versammelter Mannschaft nieder gemacht. Noch mit zehn Jahren betete er abends vor dem Spiel, das er am nächsten Tag im Kader ist. Als er am Tag des Spiels am Morgen aufwachte, war seine Hose durchnässt. Jede Woche.“
Mario hat ihn aufgefangen. In seinem Team spielte er danach fünf Jahre – heute in der zweithöchsten Jugendliga. Das ist es, was Mario unter seiner „Spaßlernmethodik“ versteht: Eine Ausbildung mit viel „Tempo“ (ein Wort, das er auf dem Platz immer wieder benutzt) UND persönlicher Begleitung, die von Zuneigung geprägt ist. „Tempo, Tempo“ geht auch ohne Druck!
„Warum bin ich bloß auf dieser Welt?“
Mario arbeitet mit den Kids und jeder kann sehen, ja fühlen: Auch, nein, gerade mit viel Spaß kann man das
Fußballspielen erlernen. Denn Druck gebe es in der Schule, sagt Mario, doch ohnehin genug. „Der lastet auf den Kindern und manches Mal kommt dann noch Druck vom Elternhaus hinzu. Da sind die Kids glücklich, wenn sie einfach nur ihrem Lieblingshobby nachkommen können. Wenn die Kids jetzt noch einen Trainer haben, der mit aller Macht nur motzt und Druck ausübt, fragen sich viele Kids: Warum bin ich denn bloß auf dieser Welt?“
Mario, der Mann der sich neben Fulltimejob und Familie viel Zeit und noch mehr Herzblut für seine kleinen Kicker nimmt. Manchmal sogar so viel, dass Eltern in leichte Zeitturbulenzen kommen. Nach dem abendlichen Training noch schnell ein Elfmeterschießen? „Klar!“, schreien die Fußballkids begeistert. Doch ich muss gleich zwei (entsetzte) Jungs einfangen – meine Schwester wird 50, die Babysitterin steht vor der Tür. Erkläre unseren „Abflug“ anderntags bei Mario. Was er dann so kommentiert:
„Kein Problem, dass Ihr früher weg musstet – wir haben auch mal wieder überzogen, aber glücklich glänzende Kinderaugen sind mitunter das Schönste, was es gibt.“
Mario Bentivoglio und der Ausbildungsverein TPSK bieten professionelles Fußballtraining zu günstigen Preisen. Eltern sollen nicht tief in ihren Taschen greifen müssen. Im Unterschied zu kommerziellen Fußballschulen profitiert von den Überschüssen der Verein TPSK und laut Mario „somit letztendlich auch der Kicker im Verein“. Übrigens, geboten werden auch tolle Feriencamps!
Fotos: Justine Caci, Elke Tonscheidt und unsplash (Lesly Juarez)