Über Fake News und Notlügen
Was sind Fake News, was Notlügen? Wie schützen wir uns vor ihnen, wie gehen gerade Jugendliche ihnen nicht auf den Leim? Im Interview mit dem Berliner Journalisten Thomas Rietig finden wir heraus, wie wir Fake News begegnen können.
Wer über Jahrzehnte im klassischen Nachrichtengeschäft bei einer anerkannten Nachrichtenagentur tätig war, weiß, wovon er spricht: Thomas Rietig. Der heute in Berlin lebende Journalist hat als Lokalredakteur in Frankfurt am Main angefangen. Später sein journalistisches Brot insbesondere bei Associated Press (AP) verdient. Ich kenne Thomas seit Mitte der 90er Jahre, als wir beide in Bonn arbeiteten – er als Journalist, ich als Pressesprecherin. Oft telefonierten wir nach Pressekonferenzen oder Vorstandssitzungen und immer versuchte Thomas mich mit intelligenten Fragen herauszufordern: Pressesprecher wissen ja immer mehr, als sie sagen. Und ich sage heute: Thomas hat mich nie falsch zitiert; allein das ist schon eine Ehre, die ihm gebührt.
Ich halte Thomas für einen glaubwürdigen Journalisten mit viel Erfahrung. Daher haben wir uns unterhalten und unser Interview für ohfamoos aufgezeichnet. Denn das Thema der Fake News ist nicht nur spannend, es interessiert mich darüber hinaus vor allem vor diesem Blickwinkel:
Wenn wir als Erwachsene schon nicht immer wissen, wie wir mit Falschmeldungen umgehen sollen – wie schwer dürfte das dann Kindern oder Jugendlichen fallen?
Da überraschen mich die Ergebnisse einer neuen Studie nicht, die besagen: Viele Jugendliche fordern sogar, das Thema Fake News verpflichtend in den Lehrplan aufzunehmen! Die Erhebung wurde im Auftrag der Vodafone Stiftung von Infratest dimap im September 2020 durchgeführt. Insgesamt wurden 2064 junge Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren befragt, die das Internet nutzen.
Was also sind Fake News?
Im aufgezeichneten Gespräch erfahrt Ihr alles dazu, soviel vorab: Fake News sind zuallererst mal Nachrichten, die nicht stimmen. Aber warum nicht? Weil, so erklärt Thomas Rietig, der auch an der Berliner Journalisten-Schule lehrt, sie so gemacht werden, dass sie nicht stimmen. Es steckt also eine bewusste Irreführung dahinter, denn der Verfasser wolle manipulieren. Und Thomas bringt ein aktuelles Beispiel aus der Coronakrise: Die Aussage der Politiker aus dem Frühjahr 2020, Masken nützten nichts. Dies habe kaschieren wollen, dass es keine Masken gibt. Eine falsche Aussage, die jedoch wenigstens am Ende dazu gut war folgendes Ziel zu erreichen: Dass die Menschen auch Masken tragen. Nicht immer haben Fake News also schlechte Ziele – wahr sind sie dennoch nicht. „Meine Eltern“, erinnert sich Thomas, „haben das früher Notlüge genannt.“
Bei der Frage, was schlechte Nachrichten auch für körperliche Auswirkungen haben, waren sich Thomas und ich allerdings uneins. Auch den Medienkonsum diskutieren wir im Interview. Während wir von ohfamoos eindeutig die Meinung vertreten, dass schlechte Nachrichten nicht nur schlechte Laune bewirken, sondern darüber hinaus auch die Leistung unseres Gehirns negativ beeinflussen, ist Thomas da etwas vorsichtiger. Zwar weiß er wie wir, dass der Rückschluss „Only Bad News Are Good News“ (eine für mich sehr zweifelhafte Journalistenregel!) nicht stimmig ist – jedoch: Viele Medienmacher halten sich nach wie vor genau daran. Ihnen ist eine Meldung über etwas, was NICHT funktioniert, wichtiger als darüber zu berichten, was klappt.
Das macht was mit unserer Seele
Andrea Irle, eine ohfamoose Leserin und ihres Zeichens Gesundheitscoach, unterstützt die These, dass schlechter Medienkonsum definitiv auch dem Körper schade bzw. in Schräglage bringe. Ihre These fasst sie in diesen Satz: „Wenn unser Gehirn ständig mit digitalen Reizen geflutet wird, macht das was mit der Seele und wirkt sich unmittelbar auf den Körper und das Verhalten aus – auf ein gesundes Zusammenspiel und die Dosis kommt es an!“
Also, seid gespannt auf das Interview und schaut direkt mal rein. Thomas erklärt besonnen und ruhig einiges, was Medien vermögen – und was nicht. Von diesem Profi kann man lernen.
Hier geht es zur Website von Thomas Rietig.
Die schönste Beschreibung, die ich in diesem Zusammenhang gelesen bzw. gehört habe, lautet: Die soziale Lüge ist das Schmierfett unserer Gesellschaft und macht unser Leben erst lebenswert. Wen mehr zu dem Thema „Wahrheit und Lügen“ interessiert, das über das interessante Interview hinausgeht, kann sich auf meinem Blog schadlos halten. Dort habe ich mich etwas länger dazu ausgelassen: https://opas-blog.de/2020/11/08/luegen-haben-kurze-beine/.