Schulen wieder zu – und jetzt?

Was wird aus dem nächsten Schuljahr, haben wir uns und Euch bereits öfters gefragt. Und vertrauten darauf, dass an Plänen gearbeitet würde. Nach den neuen Beschlüssen ist die Frage, wer wann was wie lernt, jedoch erneut relevant. Mancher bezeichnet die Lage gar als Tragödie.

Ich hätte diese Pressekonferenz nicht anschauen sollen. Da treten der Familien- und die Bildungsministerin von NRW vor die Medien, also nicht irgendwelche Mitarbeiter aus irgendwelchen Ministerien, nein die Chefs persönlich. Und wir alle erwarten sie und ihre Konzepte. Da stehen sie also, Joachim Stamp und „unsere Yvonne“ (wie manche unserer Lehrer*innen die NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer titulieren) vor den Mikrofonen; mit ernsten Mienen und nach Monaten Bedenkzeit – und dann das.

Ein Konzept für Schulen – wann kommt das?

Wir schreiben den 6. Januar 2021 und, heiliger Strohsack, es wird ein „Wir machen weiter so“ geliefert. Rhetorisch durchaus befriedigend, inhaltlich: ungenügend. Es dauert eine Weile, bis ich das blicke. Ich Berufsoptimistin hatte doch tatsächlich so etwas wie ein Konzept erwartet. Etwas, das in die Zukunft weist. Und erst als den „Helden“ der Bildungseinrichtungen gedankt wird, macht es bei mir richtig Klick.

Das   K o n z e p t   ist: Wir schließen die Schulen abermals und bitte lassen Sie, liebe Eltern, Ihre Kinder zuhause!!

Dazu wird angestrengt geschaut, manches Mal auch süffisant gelächelt. So jedenfalls kommt es mir vor. Natürlich ist es keine einfache Lage, in der heutigen Zeit Bildungspolitik zu machen. Das gebe ich gern zu. Aber wir haben nicht mehr Frühjahr 2020. Ich meine: Im Januar 2021 erwarten Schulen eine andere Ansprache. Und Eltern Konzepte.

Schulkonzepte Corona Pandemie
Wann dürfen Kinder in Schulen wieder so zusammen sitzen wie hier?

Dabei schreibe ich es groß und deutlich hier in unseren Blog, der für #volldasguteLeben steht: Ich im grünen Köln-Widdersdorf und Sonja im beschaulichen Lich (bei Gießen) – wir sind nicht das Problem. Ich schaffe es, mein Kind zu „beschulen“. Vielleicht sogar andere mit, worum ich mich bemühen möchte. (Dass ich dieses Wort „beschulen“ einmal in meinen Wortschatz würde aufnehmen, krass.) Und Sonjas vier Kinder sind längst aus dem Haus.

Für mich ist die Situation zwar ärgerlich, weil erneut mit Ansage herausgezögert und verschleiert wird. Kein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen würde jemals überleben, würde es so rumwursteln! Und: Ich kenne diverse selbstständige Frauen und Männer im Home-Office – natürlich können sie ihre Aufgaben wieder schieben – und sie werden es auch müssen. Viele Familien sind auf solche Einkommen jedoch angewiesen. Aber vor allem:

Was ist mit den Kindern, die jetzt wieder im Lockdown hängen bleiben – in Familien, wo es gelinde gesagt schlimm zugeht?

Ich breche hier keine Lanze für die Lehrer*innen, die es seit Frühjahr 2020 ablehnen, digital etwas auf die Pfanne zu bekommen. Wer Kindern beibringen will, dass Lernen etwas Schönes ist und sich dann analog verschanzt und partout nicht zoomen oder anderweitig bereit ist zu digitalisieren, der/die hat für mich die Berechtigung verspielt, sich Lehrkraft zu nennen.

Natürlich kann man Präsenzunterricht vorziehen – das mache ich übrigens auch. Aber wenn es Präsenzunterricht nicht geben kann: Wie, bitte schön, will man dann rechtfertigen, wenn Städte wie Solingen ihr eigenes Modell erarbeiten und dieses dann in Düsseldorf verboten wird?

Was die beiden FDP-Landespolitiker, Joachim Stamp und Yvonne Gebauer, heute in Düsseldorf verkündet haben, ist mehr als eine Farce. Es ist, um mit den Worten der Kölner Autorin Elke Pistor zu sprechen, die geballte Inkompetenz“ dieser für die Bildungs- und Familienpolitik zuständigen Minister.

Mit folgender Konsequenz: Die, die keine große Lobby haben, haben erneut das Nachsehen. Andere Bundesländer haben übrigens Stufenlösungen erarbeitet – in Berlin beispielsweise ist nach Angaben der Bildungsverwaltung in kleinen Lerngruppen bereits ab dem 11. Januar für die abschlussrelevanten Jahrgänge Wechselunterricht geplant, also die Kombination aus Unterricht in der Schule und zu Hause. Und ab dem 18. Januar soll es in den Klassen 1 bis 3 mindestens drei Stunden täglich Unterricht in der Schule geben, ebenfalls in Gruppen, die höchstens halb so groß wie üblich sein dürfen. Weitere Schritte sind angedacht und festgelegt.

Sind Schulen und Kitas systemrelevant – oder doch nicht?

Vermutlich folgen die Bildungspolitiker*innen dort der neuen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektologie e.V. (DGPI), die Anfang Januar fünf Kernbotschaften veröffentlicht haben. Eine besagt u.a. dies:

„Für Kinder sind Schulen und KiTas systemrelevant, denn sie treffen im Kern ihre sozialen und intellektuellen Grundbedürfnisse und bestimmen ihre Entwicklung; Schulen und KiTas spielen eine wesentliche Rolle bei der Aufdeckung medizinischer oder sozialer Probleme wie Vernachlässigung. Insofern bedürfen jedwede Einschränkungen, die Kindern fremdnützig auferlegt werden, einer wissenschaftlich konkret belegbaren Rechtfertigung.“

Und was sagt der FDP-Chef?

Wie beurteilt FPD-Chef Christian Lindner die neuen Entscheidungen? Ganz Opposition kritisierte er erneut die Beschlüsse der Ministerpräsidenten, die aus seiner Sicht „die Grenze der Verhältnismäßigkeit“ überschreiten. Spannend, wie er speziell die Entscheidung, den Lockdown bundesweit auch an Schulen und Kitas zu verlängern, bezeichnet: als „fatal“. Lindner im Wortlaut:

„Flächendeckend die Schulen zu schließen ist eine Tragödie für Kinder, Jugendliche und Familien, insbesondere aber auch für die Mütter, die leider immer noch die Hauptlast der Erziehungsarbeit leisten müssen.“ (Christian Lindner)

Wir von ohfamoos schließen uns hier Lindners Votum an: Es wäre besser gewesen, regionale Inzidenz-Unterschiede auch bei den Schulen abzubilden. Warum das nicht passiert ist, bleibt zumindest uns ein Rätsel.

Wir freuen uns wie immer über Eure Meinungen! Wirklich eine Tragödie oder was sonst?

Foto: Unsplash

Das war unser Beitrag im Sommer 2020 über die Schulpolitik.

Elke Tonscheidt
Elke Tonscheidt, die selbsternannte Energiebündlerin, liebt und lebt in Köln. Neben ihrer Arbeit bei ohfamoos schreibt sie auch für andere Medien, besonders gern Porträts und Reportagen. Sie vernetzt sich gern, hat ein Start-Up mit gegründet und war einige Jahre in der politischen Kommunikation tätig.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 7. Januar 2021 veröffentlicht
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Die Kommentare zu “Schulen wieder zu – und jetzt?”
  • Johannes Speis

    Befürchte auch, dass das Problem die digital ungeschulten Lehrer/innen sein könnten!?
    Ein kleiner Crash -Kurs könnte hier zeitnah helfen !

  • ohfamoos

    Die EVgO (Elternvertreter gymnasiale Oberstufenschulen) aus Rheine hat uns folgende Stellungnahme mit der Bitte um Veröffentlichung geschickt – wir danken Kerstin Dropmann für die Weitergabe:

    Es kann sich glücklich schätzen, wer einen guten Schulträger und verantwortungsvolle Schulleitungen hat. Zusätzlich ist wichtig, dass wir Eltern uns für unsere Kinder engagieren und mitreden. Wer unerschütterlich die immer wieder spontanen und kurzfristigen – aber vorhersehbaren – „Regelungen“ unseres Schulministeriums erwartet und weiter erwartet, wird enttäuscht werden. Denn als „vorhersehbar“ erleben wir diese Regelungen inzwischen in dem Sinne, dass sie plan- und vor allem konzeptlos sind.

    Bemerkenswert ist -aber nach den Erfahrungen im letzten Jahr eigentlich nicht erstaunlich-, dass unsere von Schulpflegschaften der Rheiner Schulen mit gymnasialen Oberstufen bereits im Mai geschaltete Petition „Masterplan Beschulungskonzept NRW“ dem Ministerium vorliegt, immer noch. Hätten wir doch erwartet, dass sie, trotzdem sie nicht so vielen Unterschriften erreicht hat, wie wir gehofft hatten, nicht nur liegt, sondern auch Gehör findet. Scheinbar ein Trugschluss – heute würden wir sagen: vorhersehbar.

    In steter Regelmäßigkeit verweist Frau Gebauer darauf, dass dem Präsenzunterricht der Vorzug zu geben ist und dies für die Entwicklung unserer Kinder unerlässlich ist. In der letzten Pressekonferenz behauptet sie zudem, wir können jetzt (nach fast einem Jahr Pandemieerfahrung) in den Distanzunterricht wechseln, weil sie uns durch ihre Politik des Präsenzunterrichts die Freiräume dafür erschlossen hat. Richtig ist: Soziales Miteinander und Lernen in der Gemeinschaft ist überaus wichtig für unsere Kinder. Dabei ist Schule mehr als reine Wissensvermittlung. Sie fängt auch Mißstände auf und steuert auch sich negativ entwickelnden Anfängen entgegen. Was Eltern manchmal nicht sehen (können), kann in der Schule erkannt werden. Kinder können sich vertrauten Lehrkräften und insbesondere ihren Freunden anvertrauen und daran wachsen. Das ist digital sicher nicht in dieser Form möglich.

    Aber stetig die steigende Gefahr zu ignorieren, dass Schulen in Zeiten wie diesen doch zu Infektionsherden werden können und unsere Kinder dann ggf. damit klarkommen müssen, die Ursache für Erkrankungen zu sein, ist für uns unverständlich. Wenn bis zu 30 Kinder ohne Abstand und mit zumindest teilweise schwierigen Lüftungsverhältnissen mit Masken bis zu 8 Stunden täglich in Klassenräumen sitzen gibt es aus unserer Sicht keine Alternative als für Zeiten mit hohen Zahlen, ein vernünftiges Konzept zur weitgehenden Kontaktreduzierung auch in der Schule zu haben. Das kann nicht das komplette Aussetzen des Präsenzunterrichts sein, aber eben auch kein vollständiger.

    Bei der nun von der Landesregierung getroffenen Entscheidung des Aussetzens der Präsenzpflicht können wir um jede engagierte Lehrkraft froh sein, die unsere Kinder aus der bisherigen Erfahrung einzuschätzen weiß und engagiert auch digital inviduell fördert.

    Bei dem aktuellen Infektionsgeschehen überwiegen die Gefahren der zahlreichen Kontakte in der Schule die Vorteile des Präsenzlernens. Dem stimmen wir zu. Da konnte sich selbst Frau Gebauer nicht durch- bzw. drüber hinwegsetzen. Das musste selbst sie einsehen. Hätte man jedoch bereits im bzw. direkt nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ein Konzept erarbeitet, das u.a. das jetzt eingetretene – und vorhersehbare – Szenario berücksichtigt hätte, könnten Schulen auf geordneten Hybridunterricht und rollierende Systeme zurückgreifen. Oder es wären schon digitale Möglichkeiten von „echtem“ Online-Unterricht möglich, also nicht nur Wochenaufgaben per Mail o.ä.. Sie wären nach unserer Überzeugung weiter als sie es nun tatsächlich sind und sein können.

    Bisher hat keiner vor Ort seine knapp bemessene Zeit damit vergeudet, Konzepte zu erarbeiten, die sowieso abgewiegelt werden – siehe Solingen. Obwohl das Solinger Modell ja nach reichlich öffentlicher Kritik nun doch umgesetzt werden darf. Aber hätte, hätte, Fahrradkette… Es nützt nichts, wieder müssen Eltern und Lehrkräfte ran. Immerhin werden nun auch Lehrkräfte in der Distanz geschützt. Eltern bekommen Verdienstausfall nach dem IfSG (in Grenzen, also nicht 100%) ersetzt, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern oder bekommen zusätzliche Kinder“krankentage“ gegen Bezahlung. Alles gute Maßnahmen, aber Unterricht ist das eben nicht. Und der 31.01.2021 ist vermutlich auch nicht das Ende der Einschränkungen.

    Das Ministerium brüstet sich in umfangreicher Selbstbeweihräucherung in den Dienstmails, was alles geschaffen wurde, wie viel Verständnis doch für die Situation der Eltern, Kinder und Lehrkräfte da ist. Ist das so??? Seis drum, wenn man tatsächlich weiterliest bis zum Ende und nicht schon vorher die Hoffnung verloren hat, dass noch wichtige Informationen kommen, erfährt man auch die aktuellen Regelungen. Aktuell: Schule geschlossen, Familien in der Verantwortung. Vorhersehbar? Irgendwie ein Déjà-Vu. Ein Schlag insbesondere für alle Eltern mit jüngeren, betreuungsbedürftigen Kindern und Kindern mit Beeinträchtigungen und Förderbedarf.

    Sicher, digital vermittelte Unterrichtsstoffe dürfen benotet werden. Dafür gibt es Regelungen. Es gibt Handreichungen, wie digitales Lernen eingebunden werden kann. Fortbildungsangebote sind -zumindest bei uns an der Schule- vielfach genutzt worden. Aber digitale Endgeräte sind immer noch keine anerkannten Lernmittel. Sie stehen auch noch lange nicht allen Lehrkräften und Kindern zur Verfügung, geschweige denn, sie können bedient werden.

    Lehrkräfte und Schulen, die mehr digital umsetzen wollen, dürfen nicht. Verantwortlich für erfolgreiche Bildung sind die Schulträger und insbesondere Schulleitungen. Sollte hier nicht, zumindest auch, das Ministerium stehen? Die Last, sich auf rudimentäres digitales Lernen, das in unserer Stadt bisher nur Kommunikation beinhaltet (Mail, Wochenaufgaben, vereinzelte Videokonferenzen), einzustellen, tragen Lehrkräfte, Kinder und Eltern gemeinsam.

    Insbesondere Kindern und Eltern wird hier viel abverlangt, gerade in den unteren Klassen und in Förderschulen. Grundschul- und Förderschulkinder können (noch) nicht, Einführungsphase in weiterführenden Schulen lernen gerade noch das selbständige Lernen. Gut, wenn ein Schulträger sich für ein einheitliches verpflichtendes technisches System entscheidet. In unserer Stadt konnten wir auch durch Elternengagement dankenswerterweise mit Iserv ein einheitliches technisches System erreichen. Die Netz- und Serverkapazitäten sind zwar noch im Aufbau und noch nicht flächendeckend ausreichend, aber der Schulträger arbeitet daran. Immer mit der Bürokratie von Ausschreibungen im Hintergrund.

    Es gab einmal vor ein paar Jahren ein Entbürokratisierungsgesetz. Vielleicht wäre es dafür mal wieder an der Zeit? Digitaler Unterricht nach Stundenplan ist derzeit jedenfalls nicht zu erwarten. Wir werden wahrscheinlich sehr viele Versuche sehen, digitalen Unterricht nach Stundenplan zu machen. Ob das immer rund laufen wird, ist eine andere Frage.

    Jetzt ist Zeit, endlich Konzepte, die sich an das Solinger Modell anlehnen, zu entwickeln und umzusetzen. Allerspätestens ab 01.02.2021 müssen unsere Kinder wieder zur Schule gehen können. Mindestens die Hälfte der Zeit, müssen sie die Schule besuchen können. Wir fordern das Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW auf, nun endlich solche Konzepte zu entwickeln oder zuzulassen.


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