Deutschland ist eine politische Katastrophe

Gestern fand die 4. ohfamoose Unkonferenz statt. Sonja war aus den Emiraten zugeschaltet. Als Sonja vor 10 Jahren ihre Firma in Dubai verkauft hat, war sie froh, wieder mehr Zeit in Deutschland verbringen zu können. Deutschland mit seinem angenehmen Klima, mit seiner demokratischen Politik, Ordnung, Pünktlichkeit und Disziplin. Bis vor einem Jahr war Sonja auch recht zufrieden, nach einem Jahr Pandemie und deutschem Krisenmanagement hat sie ihre Meinung jedoch grundlegend geändert. 

Es ist ernüchternd, wenn man sich eingestehen muss, dass der Traum geplatzt ist. Deutschland ist nicht das gelobte Land, für das ich es immer gehalten habe. Ich habe 35 Jahre lang in Dubai gelebt und Deutschland immer mit halbem Herzen vermisst. Vor allem die Demokratie, das politische Engagement und die Versicherungen, die das Leben im deutschen Sozialstaat so leicht machen.

Ein Jahr Pandemie

Heute, nach einem Jahr Corona Pandemie, erscheint es mir, dass Deutschland in der Krise völlig versagt. Die Menschen in Deutschland sind müde, verzagt, verängstigt, deprimiert und wütend. Und das meiner Ansicht nach mit Recht. Keiner kennt sich mehr aus. Heute heißt es hüh, morgen heißt es hott. Lockerungen trotz steigender Inzidenz, Impfstoff-Debakel, Masken-Skandal, verspätete Auszahlungen der Überbrückungsmittel – alles eine einzige Katastrophe. Nichts funktioniert reibungslos und es ist kein Ende in Sicht. Auch in meiner Session Mobilität, gestern in der Unkonferenz, wurde klar: Es lässt sich kein Plan der Regierung erkennen.

Noch hatten Elke und ich nicht die Zeit, Details zur gestrigen Unkonferenz zu erarbeiten. Deshalb schreibe ich heute um zu berichten, wie organisiert das Leben in den Vereinigten Arabischen Emiraten, meiner zweiten Heimat, verläuft. Wie sensationell das Impfmanagement organisiert ist und wie vorbildlich man sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten wieder einem Leben, wie wir es kennen, nähert.

Dubai Strand

Als ich vor zwei Wochen in Dubai ankomme, habe ich in Deutschland auf eigene Kosten einen PCR-Test gemacht und kann ungehindert einreisen. Ein Telefonat mit dem hiesigen Gesundheitsamt – und ich habe meinen ersten Impftermin am nächsten Tag um 11:40 Uhr. Ich muss nur meine Identitätskarte (Emirates ID) mitbringen, sonst nichts. Pünktlich bin ich in im Impfzentrum und innerhalb von 20 Minuten mit dem Impfstoff meiner Wahl geimpft, während in Deutschland meine 81-jährige Mutter immer noch auf ihren ersten Impftermin wartet. Um den Impftermin für sie zu bekommen, habe ich vier Stunden vor meinem PC gehockt. Ist das das fortschrittliche Deutschland?

Dubai als Vorbild

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Vereinigten Arabischen Emirate ist inzwischen geimpft. Das sind fast sieben Millionen Impfungen, die in mehr als 205 medizinischen Zentren im ganzen Land verabreicht werden. Angaben der National Emergency Crisis and Disaster Management Authority (NCEMA) zufolge, haben jetzt 52,46 Prozent der Zielgruppenbevölkerung den Impfstoff erhalten. Und mehr als 70 Prozent der Menschen mit chronischen Erkrankungen – sowie ältere Menschen – sind geimpft. Hier dürfen sich jetzt schon die über 40-jährigen impfen lassen. Und für alle sind die COVID-19-Impfungen kostenlos.

Ansonsten gilt im ganzen Land, auch für geimpfte Personen, Maskenpflicht in der Öffentlichkeit. Dafür sind aber Restaurants, Cafés, Supermärkte und Geschäfte offen. Auch Hotels haben für Gäste geöffnet, dürfen aber nur eine Belegquote bis zu 40 Prozent erreichen, damit Abstandsregeln in Restaurants etc. eingehalten werden können.

Warum klappt das nicht in Deutschland?

Ich frage mich, warum man sich in Deutschland an einem Land wie den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht orientiert. Zumindest Sebastian Kurz, Bundeskanzler in Österreich, scheint es erkannt zu haben. In einem Interview mit Dagmar Rosenfeld (Die Welt) sagt er: „Wir sollten uns nicht nur auf die Europäische Union verlassen. Ich glaube, dass der Kampf gegen eine Pandemie keine Grenzen kennen sollte. Die Zulassungsprozesse in der EMA waren aus meiner Sicht zu lang und zu bürokratisch, wodurch Staaten wie Großbritannien oder die USA einen Vorsprung herausholen konnten.“

Ja, da hat er wohl nicht unrecht. In Deutschland fehlt ein Plan. Auch das kam in meiner Session ‚Mobilität‚ während der Unkonferenz zum Ausdruck. Oder auch in der Session, die Elke moderiert hat: Denn auch in Sachen ‚Digitale Bildung‘ gibt es keinen großen Plan – man hangelt sich von einer Klein-Klein-Lösung zur anderen, verwirrt die Bürger*innen und es sind, wie Kai Schmidt (der „Lehrer Schmidt“) es formulierte, zu viele Köche im Spiel.

Mein Fazit lautet deshalb: Deutschland hat keinen Plan, nicht während der Pandemie und auch nicht für die Zukunft.

4. ohfamoose Unkonferenz
Die 4. ohfamoose Unkonferenz

So geht es weiter

Es wurden noch viel mehr Themen in unserer 4. ohfamoosen Unkonferrenz diskutiert. Themen und Impulse, über die Elke und ich in den nächsten Wochen berichten werden. Spannende und wichtige Themen, die wir als Triebfedern 20.21 bezeichnen. Ich hoffe, Ihr lasst Euch inspirieren.

Was Euch auch noch inspirieren sollte, ist die Arbeit unseres Charity-Partners der 4. Unkonferenz Kinder in Not e.V.  Wenn Euch die Unkonferenz gefallen hat, dann bitten wir um eine Spende zugunsten der Projekte.

Spendenkonto Aktionsgruppe „Kinder in Not“ e.V.

Sparkasse Neuwied
IBAN: DE87574501200012022752 / BIC: MALADE51NWD

Paypal: aktionsgruppekin@gmail.com Bitte als Betreff „ohfamoos“ angeben.

Wer noch mehr über Kinder in Not erfahren möchte, findet das hier

Fotos: Sonja Ohly

Titelfoto: pixabay 

 

 

Sonja Ohly
Sonja Ohly
Sonja ist die schreibende Nomadin und Chefin vom Dienst bei ohfamoos. Die begeisterte Taucherin ist auf der ganzen Welt unterwegs und beschreibt gerne als Reiseblogger ihre Destinationen. Ebenfalls großes Interesse zeigt sie für Politik und engagiert sich als PR Tante probono für eine Demokratische Bürgerliste und den Sportverein in ihrer Heimatkommune.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 22. März 2021 veröffentlicht
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Die Kommentare zu “Deutschland ist eine politische Katastrophe”
  • Marion

    Du sprichst mir aus dem Herzen. Auch ich blicke fast neidisch in meine ‘Heimat’ VAE und nach Neuseeland etc. Warum können wir ach so strukturierten Deutschen das nicht? Unsere Bürokratie wird bzw. wurde schon lange zur Stolperfalle.

  • Vera

    Danke Sonja! Es braucht mehr Menschen, die es wie du auf den Punkt bingen: Deutschland ist eine politische Katastrohpe. Und wie du sagst: Warum kann man nicht von anderen Ländern lernen? Danke für deinen Input und die Info, wie es in Dubai läuft. Herzliche Grüße, Vera

  • Rupert Neil Bumfrey

    Ich entschuldige mich für dieses Eindringen von einer weniger als zeptrierten Insel – Großbritannien!

    Vor einem Jahr haben wir die Reaktion der Bundesregierung gelobt, das föderale System schien sicherlich für die Bürger zu arbeiten, und dies wurde bis zur Herbstwelle bestätigt.

    Die VAE sind kein demokratisches föderales System. Vor einem Jahr benötigten die Einwohner die Erlaubnis der Polizei, die online beansprucht wurde, um das Haus verlassen zu können, selbst um Lebensmittel einzukaufen. Die Sperre war buchstäblich so, ohne Spielraum.

    Heute ist es immer noch so, dass es keinen freien Verkehr zwischen den Bundesländern der VAE gibt. Abu Dhabi erfordert strenge Tests, um einzutreten. Wäre das in Deutschland akzeptabel?

    Mit dem Aufkommen von Impfstoffen, die vor zwölf Monaten in den nächsten zwei Jahren eingeführt wurden, hat die Welt den Aufstieg des Impfprotektionismus miterlebt, und Indien hat sich gerade dieser Bewegung angeschlossen!

    Vor einem Jahr war Großbritannien ein Fiasko, angeführt von einem Clown, der an der Macht bleibt. Jetzt werden wir für unser Impfprogramm gelobt, das das Ergebnis des NHS und nicht der Regierung ist.

    Wir sollten nicht neidisch auf unsere globalen Mitbürger schauen, sondern aus diesen beispiellosen Erfahrungen lernen und zusammenarbeiten.

    My apologies for this intrusion from a less than sceptred Isle – UK!

    A year ago we were praising the response by the German government, the Federal system certainly seemed to be working for the citizenry, and this was borne out until the Autumn wave came along.

    The UAE is not a democratic federal system, a year ago residents needed police permission, claimed online, to be able to leave the home, even for food shopping. The lockdown was literally that, with no leeway.

    Today, it remains the situation that free travel between UAE federal states is not there, Abu Dhabi require severe levels of testing to enter, would that be acceptable within Germany?

    With the advent of vaccines, which twelve months ago was seen to be within the next two years, the world has witnessed the rise of vaccine protectionism, with India just joining this movement!

    A year ago the UK was a fiasco, led by a clown who remains in power, now we are praised for our vaccination programme, which is the result of the NHS, not the government.

    We should not be looking enviously at our fellow global citizens, but learning from these unprecedented experiences and working together.


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