Geht doch – oder: Wenn der Bus richtig rollt
Wie oft hören wir Klagen über den ÖPNV? Immer wird gemeckert, wenn ein Zug oder ein Bus nicht fahren. Der Öffentliche Personennahverkehr kommt in der Presse häufig schlecht weg. Was in der Medienberichterstattung dominiert, ist, was alles nicht geht. Dann lest mal Elkes Geschichte, was eben doch geht!!!
Ich erinnere mich noch genau an diesen Stich, der mich ereilte bei der Feststellung: Das klappt ja gar nicht. Es ging nicht um ein Riesending, nicht um etwas, worüber man laut oder länger spricht. Es ging um zwei Busse und wenige Sekunden – der eine verlässt die Bushaltestelle genau 1 (!) Minute, bevor der andere ankommt. Und in dem Bus, der laut Fahrplan 60 Sekunden früher abfährt, sollte unser 10jähriger nach dem Umsteigen sitzen, frühmorgens auf dem Weg in die neue Schule in Pulheim. Immerhin fast 10 Kilometer sind zu überbrücken, raus aus dem Kölner Westen, rein in den benachbarten Rhein-Erft-Kreis*.
Der Anschlussbus fährt ihm also vor der Nase weg, wie man so schön sagt. Insofern doch ein größeres Ding 🙂
Jetzt kann man urteilen: Hättet Ihr doch vorher wissen können. Stimmt. Ich bin – wer mich kennt, den wird es nicht überraschen – keine, die oft ÖPNV fährt und Fahrpläne studieren, ist offenbar nicht mein Ding. Ich hatte den Hinweis „Diese Fahrt ist auf die Belange des Schülerverkehr ausgerichtet“ so verstanden, dass der zweite Bus warten würden, wenn es nur so wenige Sekunden sind. Ein ICE wartet ja auch schon mal…
Was also tun? Resignieren? Denken, man kann ja eh nix tun und „die vom Bus-Unternehmen“ helfen doch nicht?
Ich wähle die Servicetelefonnummer der RheinErftVerkehrsgesellschaft (REVG), lasse mich verbinden und gleich der 1. Ansprechpartner aus dem Kundendialog ist sehr hilfsbereit: Andreas Pauly hört zu, schaut nach, versteht mein Problem. Vermittelt mir, dass da ein Mensch sitzt, der nach Lösungen sucht. Nach dem Motto: Teilen Sie uns gerne mit, wenn es Probleme gibt, man könne ja nicht alles wissen. Recht hat er. Und er bleibt dran, schreibt mir kurz darauf eine Mail, in der er begründet, warum der Bus leider nicht warten kann, macht jedoch Hoffnung mit:
„Unsere Fachabteilung kann längerfristig nach Möglichkeiten suchen, im Rahmen einer Neugliederung der Knotenpunkte und Änderungen in den Linienverläufen die Abfahrtzeiten der beiden Omnibuslinien neu zu bestimmen. Wir müssen Sie aber um Verständnis bitten, dass dies kurzfristig nicht möglich ist.“
Dafür habe ich viel Verständnis und beginne, mir selbst Gedanken zu machen, wie eine Lösung aussehen könnte. Beobachte, wann welche Busse an den sogenannten Knotenpunkten abfahren, überlege mir Alternativen. Nach drei Wochen schreibe ich der zuständigen REVG-Abteilung wieder und mache konkrete Vorschläge. Könnte jenes vielleicht gehen oder dieses? Natürlich bin ich keine Verkehrsexpertin :-), aber mitdenken ist ja erlaubt.
Und wieder bekomme ich zumindest die ermutigende Nachricht, man sei dran. Ich werde nicht zurückgewiesen, sondern nun bedankt sich Melanie Orth für meine Rückmeldung und teilt mir mit, „dass die entsprechenden Abteilungen derzeit noch überprüfen, was ggf. möglich wäre, oder welche Alternativen in Frage kämen.“ Sie stellt eine finale Antwort in Aussicht, sobald alles geprüft sei. Erneut sehr professionell und kundenorientiert.
Es dauert nochmal (nur) eine Woche, dann bekomme ich wieder eine sehr ausführlich begründete Nachricht, was die Verkehrsplaner alles versucht bzw. durchgespielt haben und was leider nicht möglich ist. Aber auch ein Passus ist dabei, in dem es heißt: „Es war unserer Verkehrsplanung jedoch möglich, …“
Kurz: Es hat tatsächlich geklappt.
Man hat Kontakt mit der Schule aufgenommen, es wurde geklärt, wie viele Kinder betroffen sind (es geht ja nicht nur um uns) und diverse Alternativen wurden geprüft. Und tatsächlich konnte eine geniale Lösung gefunden werden: Durch die neue Verkehrsplanung ist es den Schulkindern nun sogar möglich, direkt von unserem Stadtteil aus „in einem Rutsch“ und ohne Umsteigen zur Schule befördert zu werden. Der Bus fuhr ohnehin, er fährt jetzt „nur“ eine andere Route.
Ich konnte mein Glück nicht fassen! Es geht! Es ist möglich, Probleme zu schildern und Lösungen zu bekommen. Indem man sachlich argumentiert und hartnäckig dranbleibt. Indem man auf Menschen trifft, die ihren Job verstehen, die unterstützen wollen und lösungsorientiert arbeiten.
Liebe REVG – Ihr habt einen tollen Job gemacht.
Die leuchtenden Augen der Kinder, die jetzt sicher und sogar ohne Umsteigen zur Schule kommen, hättet Ihr sehen „müssen“. Danke, das war und ist voll ohfamoos!
*Wer sich fragt: Ja, warum sucht man denn auch eine Schule im benachbarten Kreis aus? Der oder dem sei gesagt, dass die Suche nach einer (guten) Schule heutzutage ein echter Kraftakt ist. Köln lost mittlerweile, wer einen Schulplatz bekommt. Deshalb hatten wir auf eine andere Schule gesetzt und den längeren Schulweg in Kauf genommen. Man muss nicht Mitglied der GEW sein, um zu behaupten: Die Schulpolitik in Köln ist dringend reformbedürftig. Mittlerweile gibt es sogar eine „Initiative für eine verantwortliche Schulpolitik in Köln“ – Eltern, die Dampf machen und sich „Die Abgelehnten“ nennen.
Auch diese Geschichte – dieses Mal eine Geschichte über eine besondere Zugfahrt – könnte Dir gefallen: Eine Reise mit Umwegen…
Fotos via Pressestelle der REVG