Außergewöhnlich!
Für unsere Rubrik ‚zum Entdecken‘ hat Sonja sich auf die Suche gemacht und dieses außergewöhnliche Gebäude in Wien gefunden. Außergewöhnlich? Unbedingt! Nicht nur das Gebäude, sondern auch die Frau, auf deren Initiative es entstand.
Es ist nicht außergewöhnlich, dass Wien im Economist Ranking wieder die lebenswerteste Stadt der Welt ist. Wien ist unter anderem bekannt für berühmte Bauwerke wie das Schloss Schönbrunn, die Hofburg, das Rathaus und den Stephansdom. Aber nicht alle sehenswerten Bauwerke findet man in den einschlägigen Reiseführern.
Wer kennt dieses außergewöhnliche Bauwerk?
Das außergewöhnliche Gebäude besteht aus 152 Beton-Blöcken und es erscheint, als wäre es willkürlich zusammengewürfelt. Hoch auf dem Georgenberg thronend, mutet es fast außerirdisch an.
Die Geschichte dazu ist außergewöhnlich
Das Bauwerk entstand auf Initiative von Margarethe Ottilinger, die 1919 in Wien geboren wurde. Diese außergewöhnliche Frau promovierte 1941 zum Doktor der Handelswissenschaften und war nach dem Zweiten Weltkrieg im Bundesministerium maßgeblich an der Erarbeitung der Wirtschaftspläne für den Wiederaufbau Österreichs sowie an der Marshallplanhilfe für Österreich beteiligt.
Es ist wahrscheinlich, dass die damals 29-jährige aufgrund dieser Tätigkeit im November 1948 von Angehörigen der sowjetischen Besatzungsmacht in Niederösterreich festgenommen wurde. Die Sowjets verurteilten Ottilinger wegen Beihilfe zum Landesverrat sowjetischer Offiziere und Wirtschaftsspionage zugunsten der Vereinigten Staaten zu 25 Jahren Zwangsarbeit im Gulag.
Margarethe Ottilinger überlebt diese Haft trotz schwerer Krankheit und nahezu unbeschreiblicher Bedingungen. Sie kehrt 1955 nach Österreich zurück, nachdem unter Chruschtschow ihre Haft auf 10 Jahre verkürzt wurde. Das Bild von Margarethe Ottilinger, die schwerkrank auf einer Tragbahre aus dem Zug gehoben wurde, ging damals um die Welt.
Während ihrer Inhaftierung in Russland hatte Margarethe ein Gelübde abgelegt. Sie wollte eine Kirche errichten, falls sie je aus dem Lager in Sibirien entkommen sollte.
Eine außergewöhnliche Kirche
So entstand die Wotrubakirche, offiziell Kirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit, auf Initiative von Margarethe Ottilinger. Die römisch-katholische Kirche wurde von August 1974 bis Oktober 1976 nach Entwürfen des Bildhauers Fritz Wotruba und Plänen des Architekten Fritz Gerhard Mayr erbaut.
Etwas gestalten, das zeigt, dass Armut nicht hässlich sein muss, dass Entsagen in einer Umgebung sein kann, die trotz größter Einfachheit schön ist und auch glücklich macht.“ Fritz Wotruba
Ihr findet die Wotrubakirche im Wiener Stadtteil Mauer auf dem Georgenberg. Sie liegt also etwas außerhalb der normal touristischen Pfade, ist aber unbedingt sehenswert.
Genauso wie die Geschichte von Margarethe Ottilinger erzählenswert ist. Ihr außergewöhnliches Leben wurde von Klaus T. Steindl 2015 dokumentarisch verfilmt: „Margarethe Ottilinger − Die Frau, die zu viel wusste“
Wer noch mehr über Margarethe Ottilinger erfahren möchte, dem empfehle ich diesen Artikel über ihre Entführung.