Filmdreh an der Benediktenwand
Vom Loisachtal in das Isartal, das geht klimaneutral und super zu Fuß. Und das ist nur eine Tour, die Gastautor Michael Reimer in seinem neuen Buch vorstellt. Im folgenden Beitrag beschreibt er, wie er die Überschreitung der Benediktenwand sogar mit einem Filmteam der Kultsendung „Bergauf Bergab“ abgewandert ist.

Sensationeller Blick auf die Benediktenwand
„Wenn ihr meinen Namen googelt: Die ersten Treffer führen direkt zu mir. Ich bin langjähriger Verleger, Fotograf und Autor – ein alter Hase in Sachen Bergerfahrung und Bergliteratur“. Mit diesen Worten leite ich im Juni mein „Bewerbungsschreiben“ an Michi Düchs ein, der die BR-Kultsendung „Bergauf Bergab“ konzipiert und moderiert.
Die Idee: gemeinsam mit dem Filmteam auf Wanderschaft zu gehen.
Am besten auf den Spuren einer jener 40 Touren, die ich in meinem neuen Buch „Die schönsten Streckenwanderungen in den bayerischen Hausbergen mit dem ÖPNV“ vorgestellt habe.

Heiterkeit beim Filmdreh kurz vor Erreichen der Tutzinger Hütte, im Bild links Moderator Michi Düchs
Das Thema Klimaneutralität ist ja mega-in, auch der Deutsche Alpenverein hat sich dessen Umsetzung bis 2030 auf die Fahne geschrieben. Und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist ein wichtiger Baustein für das Anpeilen der Klimaneutralität. „Innerhalb des Klimaschutzkonzeptes spielt Mobilität eine wichtige Rolle, hier sehen wir das größte Einsparungs- und Handlungspotenzial“, meint Nicolas Gareis, tätig im Ressort Naturschutz und Kartografie.
Die vielen Vorteile der „Öffis“
Die Nutzung der Öffis bietet viele Vorteile, beispielsweise eine entspannte An- und Abreise, bessere Kommunikation mit den Reisebegleitern, die Möglichkeit zur Anpassung der Planung an die aktuellen Gegebenheiten und keine Parkplatzsuche am Zielort. Dauert die Rückfahrt auch länger als mit dem privaten PKW, können wir unterwegs Eindrücke zur Wanderung, Landschaft sowie zur Pflanzen- und Tierwelt per Foto oder Gespräch austauschen. Ein echter „Nach-Genuss“, der das Gesamterlebnis abrundet.
Und im Sommer geben uns die langen Abende Gelegenheit, den Bergtag mit einem erfrischenden Bad im See oder mit einer Einkehr im Zielort abzuschließen.
Mit der Frage „Seid ihr dabei?“ schließe ich mein Schreiben an Michi Düchs ab.
Keine zwei Monate später treffen meine Lebenspartnerin und Wildkräuterexpertin Angela Schult, die mich auf meinen Touren oft begleitet, und ich den bekannten Bergauf-Bergab-Moderator Düchs am Münchner Hauptbahnhof. Sein Filmteam kommt in Benediktbeuern, wo wir aussteigen, dazu.
Ziel ist die Benediktenwand, die wie ein mächtiger Schutzwall aus dem Alpenvorland hervorragt.
Die Überschreitung des Bergmassivs vom Loisachtal in das Isartal nach Obergries stellt auf Grund ihrer Länge zwar eine Herausforderung an die Kondition dar, wird aber als unvergessliches Landschaftserlebnis in Erinnerung bleiben.
Die Bayerischen Hausberge in einem Buch
Die Benediktenwand ist einer der bekannteren Berge, die ich in meinem neuen Buch vorstelle. Ich stelle dort jedoch auch viele Streckenwanderungen vor, die selbst bewährte Freund*innen des ÖPNV so noch nicht erlebt haben dürften.
Oder ist jemand schon einmal vom Ammertal ins Allgäu, vom Kochelsee nach Ohlstadt oder vom Leitzachtal in das Jenbachtal gewandert? Und wer kennt Gipfelnamen wie Rötelstein, Platteneck oder Türkenköpfl, die allesamt abseits des Mainstreams liegen?
Alle Touren sind so konzipiert, dass sie innerhalb des Zeitrahmens vor Ort meist bequem zu schaffen sind. Wenn sich eine Hüttenübernachtung auf der Strecke empfiehlt, wird explizit darauf hingewiesen.

Moderator Michi Düchs (rechts) und Buchautor Michael Reimer am Gipfel der Benediktenwand
Und dann rein ins Abenteuer „Bergauf Bergab“
Zu beachten ist die gleißende Sommerhitze, die am Drehtag vorherrscht. Und „durch die Dreharbeiten müsst ihr mindestens ein Drittel zur normalen Gehzeit hinzurechnen“, warnt uns das sympathische Filmteam mit einem breiten Grinsen gleich zu Beginn. Aber da „der Charme in einer Streckenwanderung darin liegt, dass wir nicht mehr zum Ausgangspunkt zurückkehren müssen“ (O-Ton Michi Düchs) und wir die Tour auf zwei Tage verteilen wollen, Hüttenübernachtung inklusive, überwiegt die Vorfreude auf das Bergabenteuer inklusive Filmdreh.
Beim Aufstieg durch das Lainbachtal ist es auch dank der Bachnähe noch relativ frisch, und auf der Tutzinger Hütte können wir unsere Wasservorräte nochmals auffüllen. Welch Zufall, dass wir dort an diesem Tag zufällig die Benediktbeuerner Bergwacht mit zünftiger Musik antreffen. Ursprünglich wollte Michi Düchs auf der Tutzinger Hütte übernachten. Doch dann habe ich ihm die Probstalm schmackhaft gemacht, eine Selbstversorgerhütte des DAV München-Oberland auf der anderen Seite des Berges.

Fußbad im Lainbachtal
Von der Hütte fehlen noch rund eineinhalb Stunden reine Gehzeit bis zur Benediktenwand, die wir westseitig schwitzend auf dem breiten Gratrücken erreichen. In den Latschengassen ist es besonders heiß, da zehrt es schon an den Kräften, wenn man einzelne Wegabschnitte durch Zoom- und Drohnenaufnahmen zweimal abwandern muss.
Mangels höherer Nachbarn bietet sich vom Gipfel eine fulminante Aussicht auf das Mangfall-, Rofan-, Karwendel- und Wettersteingebirge sowie in Richtung Alpenvorland.
Ein wahrhaft überragender Aussichtsberg, den ich für mein Projekt „Faszination Alpenpanorama“ mehrmals besteigen habe.
Die Schutzhütte unterhalb des Gipfels erlaubt den Sonnenaufgang-und-untergang-Fotografen ein Biwak am Berg. Im Film bemühe ich bei der Beschreibung der Landschaft gleich zweimal den Superlativ „sensationell“, bevor wir uns an den Abstieg machen.
Der Film
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Spannende Frage: Stoßen wir im Probstalmkessel noch auf Steinböcke? Bereits beim Aufstieg hatte ich von den Königen der Alpentiere geschwärmt und einige Hintergründe zu deren Verhalten erläutert. An der Benediktenwand werden die Tiere weniger bejagt als in den Zentralalpen, weshalb sie hier besonders zahm sind. Nur ein krankes oder verletztes Tier wird im Ausnahmefall geschossen.
Seit den 1960er Jahren, als sich ein einzelner Steinbock in dieses Gebiet verirrt und später Verstärkung von aus der Schweiz eingeflogenen Böcken und Geißen erhalten hatte, konnte sich hier eine stabile Population von 80 bis 100 Tieren entwickeln. Um der Gefahr der Inzucht vorzubeugen, wird der Bestand zur Blutauffrischung gelegentlich mit weiteren eidgenössischen Tieren aufgestockt.
Und tatsächlich – kurz vor Erreichen der Probstalm stoßen wir auf ein stattliches Rudel. Aus Rücksicht auf die Filmaufnahmen halten wir geduldig inne, bis die Bilder im Kasten sind. Die Selbstversorgerhütte liegt malerisch in einem weiten Bergkessel, der von den eindrucksvollen Probstwänden, der Benediktenwand und den Achselköpfen umrahmt ist. Rund um die Hütte breitet sich eine prachtvolle Alpenflora aus. Eine Besonderheit stellen beispielsweise die Türkenbund-Lilie, das Berghähnlein sowie der Gelbe und Getüpfelte Enzian dar.

Kulinarische Spezialitäten beim Hüttenabend
Die Wildkräuter-Expertin und der Hüttenabend
Es folgt ein überaus schöner Hüttenabend in der urigen Stube, in der Angela als Wildkräuter-Expertin ihren in der Pfanne gebratenen Wiesenbärenklau als „Amuse-Gueule“ kredenzt, der Hüttenwart Markus Spaghetti mit Pfifferlingen auftischt und wir daraufhin mit Wein anstoßen. „So, genau so stelle ich mir den Ausklang eines perfekten Tages in den Bergen vor“, kommentiert Michi Düchs diese Szene.
Am Tag darauf folgt nur noch der Abstieg durch das Längental nach Obergries, im Regen nach einem nächtlichen Gewitter.

Als wir von 1989 bis 1992 in Bad Heilbrunn gewohnt haben, war die Benediktenwand sozusagen unser Hausberg. Genau zwischen Loisachtal und Isartal stand unser Haus in der Langau. Ein wunderschönes Stück Natur! Und das aus dem Munde eines Allgäuers …