6 Österreicher unter den ersten 5
In Österreich kennt man Dirk Stermann durch die Kultsendung „Willkommen Österreich“. Der geborene Duisburger ist wohl derzeit der berühmteste Deutsche Kabarettist in Österreich. Neben seinen Radio- und Fernsehauftritten ist Stermann aber auch ein herausragender Autor. Unser Gastautor Evid Rieder, von Geburt Wiener, hat sein Buch „6 Österreicher under den ersten 5 – Roman einer Entpiefkenisierung“ für uns rezensiert.
Dirk Stermann ist 1987 mit 22 Jahren nach Österreich gekommen und in Wien hängengeblieben. In den folgenden Jahrzehnten hat er sich zum Lieblingsdeutschen der Österreicher entwickelt. Er macht Radio, Fernsehen, Kabarett und schreibt höchst unterschiedliche aber gleichwohl großartige Bücher (Der Hammer, Maksym). Deren Lektüre führt zu seinem „Frühwerk“: 6 Österreicher unter den ersten 5.
Ein Leben in Wien
Leicht hatte er es ja am Anfang nicht in Wien, der Stermann. Aber lustig und bizarr. Alkoholgeschwängert und morbid (eh klar, in einer Stadt, in der man singt: „Es wird ein Wein sein und wir werden nimmer sein, es wird schöne Madln geben und wir werden nimmer leben“). Genau darum geht es in diesem Buch.
Dirk Stermann – der Piefke
Anhand zahlreicher Anekdoten beschreibt Stermann seine EntPiefkenisierung im Laufe der Zeit, die sich asymptotisch der Vollendung nähert, diese aber niemals erreichen wird.
In diesem Fall sind sich die österreichische und die deutsche Presse einig:
„Ich halte Dirk Stermann für einen der Größten, den wir und die haben“ (Peter Richter, FAZ).
„Absurd komisch, aber zugleich ein positiver, unzynischer Freundschaftsroman mit Mut zum Gefühl“ (Kurier).
Da erst der Blick von außen das Gewohnte erkennen lässt, lernen hier Deutsche UND Österreicher einiges über Österreich (namentlich Wien) UND Deutschland. Eine noblere Aufgabe vermag ein Buch wohl kaum zu erfüllen, zumal wenn sie sie mit leichter und dennoch präziser Sprache gemeistert wird.
In Teilen melancholisch
In kleineren Teilen melancholisch, in größeren Teilen unglaublich komisch. Eine Liebeserklärung an die zweitgrößte Stadt deutscher (?) Zunge, deren Bewohner aus einem jahrzehntelangen Minderwertigkeitsgefühl eine besonders hinterfotzige, weil kaum spürbare Variante der Arroganz entwickelt haben. Die Skurrilität des Lebens in Wien aus der Sicht der verfreundeten Nachbarn darstellend garantiert das Werk höchstes Lesevergnügen.
Danke Scheipi!
p.s. Wer nun wirklich wissen will, wer oder was „Scheipi“ ist, wird das Buch wohl lesen müssen.
Evid Rieder ist gebürtiger Wiener. Nach Jahrzehnten harter Arbeit in Deutschland bummelt er als Privatier, gestützt auf eine Homebase in Wien und eine in Deutschland, durch Welt und Leben. An den Deutschen schätzt er deren Humorlosigkeit und an den Wienern die hinterhältige Larmoyanz.
Hier noch eine weitere Rezension von Evid Rieder:
Fotos: Privat
Und um was geht es in diesem Buch? Wie ist der Schreibstil? Ein kurzer Auszug, Beispiele oder aehnliches waere schoen gewesen. Danke!
Liebe Melanie,
schön, dass Du meine Rezension gelesen hast, das freut mich sehr!
Um Deine erste Frage zu beantworten (Und um was geht es in dem Buch?):
Es geht darum, dass Stermann es anfangs als Deutscher nicht leicht hatte in Wien und er den Prozess seiner EntPiefkenisierung in zahlreichen Anekdoten beschreibt….(siehe oben)
Deine zweite Frage lautet „Wie ist der Schreibstil?“
Die Sprache ist leicht und dennoch präzise, der Inhalt teils melancholisch überwiegend aber komisch…(siehe oben)
Hier noch eine Leseprobe:
….am nächsten Morgen wachte ich in der Girardigasse auf. Eine dicke Katz saß auf meinem Bauch. Die Rothaarige und der Biermann hatten neben mir im Bett Sex. Ich verhielt mich ruhig. Die Katze sah mich boshaft an. Vielleicht spürte sie, dass ich eine Katzenallergie habe. Ich wollte meine Gastgeber wirklich nicht stören, ich war Gast in diesem Bett, in diesem Raum, dieser Stadt, diesem Land, ich wollte die inländische Paarung nicht unterbrechen, aber ich spürte das Kratzen im Hals, meine anschwellende Nase. Und während die beiden neben mir immer heftiger kopulierten, drohte auch meine Nase in einem gewaltigen Orgasmus zu zerplatzen.
„Tschiah!“ Ich nieste furchtbar laut. Die dicke Katze blickte mich erschrocken an, ebenso die Rothaarige und der Warmbiertrinker, die ihre Tätigkeit abrupt beendeten. Ich warf ihnen einen entschuldigenden Blick zu. „Tut mir leid. Dirk“, stellte ich mich höflich vor.
„ah. Dirk……sagte der Lockige und rollte sich entnervt zur Seite. „ich kann nicht mit dir schlafen, wenn ein Deutscher mit im Bett liegt.“