Stil – Eine Frage des Alters?!
Männer sehen Dinge oft anders als Frauen. Und das ist gut so. Deshalb haben wir diesmal auch einen Mann gefragt, ein Buch für uns zu rezensieren. Das Buch von Iris Apfel macht gerade in den USA und Deutschland Furore. Wer die amerikanische Stilikone nicht kennt: Iris Apfel ist 99 Jahre alt und die Autorin von ‚Accidental Icon – Stil ist keine Frage des Alters‘. Ein buntes Buch mit vielen Bildern und einem witzigen Layout. Evid Rieder* hat es für uns rezensiert.
Da liegt es, am Nachtschränkchen meiner Allerbesten. Das Rezensionsexemplar. Vom Cover guckt mich eine fröhliche alte Dame (99 Jahre) mit lustigen, runden und tellergroßen Brillen an, die ihr das Aussehen eines vergnügten, wenn auch alten Uhus (99 Jahre) verleihen und sich als unverwechselbares Markenzeichen herausstellen werden. An den Armen insgesamt 11 klobige bunte Reifen, viel buntes Obst um den Hals, hellblauer Spitzenkragen, knallig grüne Jacke.
Ich bin ja sonst nicht so der Typ für zu klein geratene Mädels-Coffetable Bücher (17x24cm), aber charmant ist sie schon, der „älteste lebende Teenager“. Da flackert das von deutschen Einkaufsstraßen mittels Funktionsjacken und Sportsandalen eingetrübte Auge des Betrachters und die Netzhaut beginnt zu jucken. In den Tages- und Wochengazetten ist das Büchlein in letzter Zeit ebenso präsent wie unser Lieblingsvirus, da muss doch was dran sein! Ist doch klar, New York, da steppt der Mode-Bär (nicht der Berliner Bär, der sitzt in Schönefeld und wartet auf das Boarding). Liegt vor mir die ultimative Waffe gegen das deutsche Eleganz- und Extravaganzverbot?
So denn, frisch auf, durchgeblättert und gelesen!
Dann das:
Von Euphorie über Ernüchterung zur (horribile dictu!) Langeweile ist es nur ein kurzer Weg. Am Ende steht Enttäuschung.
Über 170 Seiten, einige tolle Fotos der alten Lady und dazwischen: auf Doppelseiten ausgebreitete, mit schlechter Grafik hinterlegte Binsenweisheiten („Du muss dich interessieren um interessant zu sein“, „Entweder man hat Stil oder man hat ihn nicht“, „Ich trage roten Lippenstift“ oder mein Liebling: „Whatever“); dazu größtenteils unscharfe, sepiafarbene Fotos aus der Jugend (99 Jahre) und nur mittel bis wenig interessante Anekdötchen aus dem langen Leben der lebenslustigen Dame.
Schlechter Stil
Geschrieben in einfachen Sätzen mit dem allseits verfügbaren 500er Wortschatz. Nie länger als zwei Druckseiten. Naja, geschenkt, ist ja ursprünglich auch für den amerikanischen Markt gedacht gewesen. Die wirklich hübschen und stylischen Bilder alle paar Seiten schaffen es nur mit größter Mühe, mich über die dazwischen liegenden Belanglosigkeiten und Peinlichkeiten zu tragen.
Mein Rat: 25,- Euro sparen, das Geld in ein gutes Buch investieren und „Iris Apfel“ in Google-Bilder angucken. Irgendwie erinnert mich das Buch an das Getränk eines österreichischen Brauseherstellers: ziemlich süß, recht teuer und besteht eigentlich nur aus Marketing. Einziger Unterschied: das Buch verleiht keine Flüüügel.
Fotos: Sonja Ohly
*Evid Rieder ist ein uns vertrauter Herr, der gern öfter für #ohfamoos schreiben möchte. Er bleibt lieber unbekannt, daher sein Pseudonym.
Wenn das Buch nicht witzig war – die Rezension war es fuer mich!
Danke, das hat mich vom Kauf abgehalten! Die 2 gezeigten Seiten haben gereicht … da weiß ich mit meiner Zeit besseres anzufangen … und mit dem Geld auch.