Baselitz – Nackte Meister
Georg Baselitz gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Künstler der Gegenwart. Sonja hat schon mehrere seiner Ausstellungen besucht. Gerade wieder im Kunsthistorischen Museum in Wien. Baselitz – Nackte Meister heißt die Sonderausstellung, die noch bis zum 25. Juni zu sehen ist.
Georg Baselitz ist einer der bedeutendsten Maler der Gegenwartskunst und bekannt für seine expressive, figurative Malerei. Die Werke des heute 85-Jährigen haben in den letzten Jahrzehnten eine große Resonanz auf dem internationalen Kunstmarkt gefunden und werden von Sammlern und Museen weltweit geschätzt. In Wien läuft gerade wieder eine beeindruckende Sonderausstellung im Kunsthistorischen Museum.
Der Sachse, der 1938 als Hans-Georg Kern geboren wurde, erinnert mit seinem Künstlernamen an seinen Geburtsort Deutschbaselitz bei Dresden. Baselitz fing schon als Teenager mit dem Malen an. Zum Entsetzen seiner Eltern schaffte er das Abitur nicht und wollte dann auch noch Künstler werden. Nach einer abgebrochenen Ausbildung an der Hochschule für Bildende Künste in Ost-Berlin floh er 1957 in den Westen Deutschlands und setzte sein Studium dort an der Hochschule für Bildende Künste in West-Berlin fort.
Die wilden Sechziger

Adler
In den 1960er Jahren begann Baselitz seinen eigenen Stil zu entwickeln, der sich durch eine expressiv-figurative Malweise und eine besondere Vorliebe für invertierte Darstellungen auszeichnet. Über sich selbst und seine Malerei sagt er, dass die Zerstörung und das Leid des Zweiten Weltkrieges ihn nachhaltig beeinflusst haben. In diesem Zusammenhang erklärte Baselitz in einem Interview mit dem Artforum:
„Ich bin in eine zerstörte Ordnung hineingeboren worden, in eine zerstörte Landschaft, in ein zerstörtes Volk, in eine zerstörte Gesellschaft. Und ich wollte keine neue Ordnung einführen. Ich hatte mehr als genug sogenannte Ordnungen gesehen. Ich war gezwungen, alles in Frage zu stellen, musste erneut ‚naiv‘ sein, neu anfangen.“ Georg Baselitz
Der deutsche Picasso
Baselitz wird auch gerne als der deutsche Picasso bezeichnet. Er prägt mit seinen Werken die moderne Malerei ab 1960.

Bilder von Georg Baselitz, inspiriert von Edvard Munch
Mit teils obszönen Darstellungen, vor allem Anfang der 1960er Jahre, wirkte er stark provokativ, allerdings erst, nachdem er 1957 die Kunsthochschule Berlin-Weißensee wegen „sozio-politischer Unreife“ verlassen musste, weil er nicht wie angeordnet zum Praxiseinsatz in einem Kombinat fuhr, sondern lieber Bilder nach Picasso malte. Sein Bild „Die große Nacht im Eimer“ (1962/1963; Museum Ludwig, Köln), das einen kleinen Mann beim Masturbieren darstellt, ist sein bekanntestes Werk dieser Zeit.
Der Skandalmaler
Ich erinnere mich, dass ich das Bild das erste Mal in Basel/Riehen in der Fondation Beyeler sah. Ich war damals auch etwas schockiert, einen kleinen Mann mit einem großen Penis in schmutzig-braunen Farben grob auf die Leinwand gemalt zu sehen. Als das Gemälde 1963 in Berlin zum ersten Mal gezeigt wurde, löste es auch wirklich einen Skandal aus. Einige Werke der Ausstellung wurden beschlagnahmt und Baselitz musste vor Gericht. Der damals 25-Jährige aus der DDR war praktisch über Nacht zum „Skandalmaler“ geworden.
Baselitz stellt die Kunst auf den Kopf
Gegen Ende der 60er Jahre entwickelt Baselitz dann erstmals seine Idee, die Bildmotive „auf dem Kopf“ darzustellen und er gelangt damit zu Weltruhm. Baselitz stellt seine Leinwände aber nicht nachträglich auf den Kopf, sondern gestaltet das Bild schon während des Malens kopfüber. Auch greift er nicht immer zum Pinsel, sondern malt mit den Händen, Fingern und Handkanten. Und immer gerne groß.
Aber nicht nur die Gemälde sind groß und beeindruckend – auch seine Skulpturen haben es in sich. In Basel war auch seine erste Holzskulptur zu sehen, die jetzt im Kunsthistorischen Museum im Foyer erneut alles überragt.
- Skulptur im KHM in Wien
- Skulptur im Garten der Fondation Beyeler in Basel
Nackte Meister
Die Baselitz Sonderausstellung in Wien trägt den Namen Nackte Meister. Sie bietet eine einzigartige Gelegenheit, das Schaffen von Georg Baselitz zu entdecken und zu erleben. Das Museum hat Baselitz zu einem Ausstellungsprojekt eingeladen, in dem er in ein visuelles Gespräch mit den Alten Meistern tritt. Baselitz selbst traf die Auswahl der Werke – 75 seiner eigenen Werke und 40 aus der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums. Damit konzentriert sich Baselitz vollkommen auf die nackte Figur.

Baselitz und seine Frau Elke. Die Bilder hat Baselitz mit Fingern gemalt.
Die Fingermalereien entstanden unter der Verwendung von Polaroids, die Baselitz und seine Frau Elke gegenseitig voneinander gemacht hatten und die er beim Malen in der linken Hand hielt. Es wäre für ihn ganz unvorstellbar gewesen, Nacktfotos seiner Frau in ein Fotolabor zu geben. Die Bilder sind nicht mit Pinsel, sondern mit Fingern gemalt.
„Was ich damit vermeiden will, ist, dass meine Bilder einen Handschriftcharakter bekommen.“ Georg Baselitz
Die Werkschau über 50 Jahre dokumentiert auch die Wandlungsfähigkeit des Malers: Fingermalereien, grobe Pinselstriche, federleichte Bilder oder zuletzt Collagen, in denen Feinstrumpfhosen aus den 1960er-Jahren eine wichtige Rolle spielen. Besonders beeindruckend sind dabei die großformatigen Leinwände, die Baselitz in den letzten Jahren geschaffen hat und die oft mehrere Meter breit sind.
„Die meisten malen riesige Formate, aus verschiedenen Gründen: Eitelkeit, Überheblichkeit, Demonstration und so weiter. Das ist eine Chance, die heute ein zeitgenössisches Bild hat. In der Zeit der alten Meister gab es diese Chance nicht.“ Georg Baselitz
Neben den Gegenüberstellungen der Meister ist die Atmosphäre besonders beeindruckend, die durch die Präsentation der Werke in den historischen Räumen des Wiener Museums entsteht. Der Kontrast zwischen der expressiven, zeitgenössischen Kunst von Baselitz und dem barocken Ambiente des Museums ist faszinierend.
Insgesamt ist die Ausstellung Baselitz – Nackte Meister sehr sehenswert und bietet eine umfangreiche und vielseitige Präsentation der figurativen Kunstgeschichte. Baselitz‘ Werke sind in diesem Kontext besonders beeindruckend und zeigen seine Bedeutung als einer der bedeutendsten Maler der Gegenwartskunst.
Danke Herr Baselitz für die neuen, ohfamoosen Perspektiven!
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Fotos: Sonja Ohly