Ein Hoch auf uns – und das Leben
Wenn jemand stirbt, tut das meistens weh. Abschied nehmen ist nicht das, was die meisten von uns besonders gut können. Manchmal denkt man aber auch spontan daran: Das Leben vor dem Tod viel häufiger zu loben. Dankbar über ein gesundes Leben zu sein. Elke über eine Todesanzeige und die Einstellung zum Leben.
Todesanzeigen bekommt niemand gern. Kürzlich war wieder eine in unserem Briefkasten. Mit zunehmendem Alter nimmt das leider eher zu – als ab. Ich finde das jedes Mal befremdlich und oft traurig. Häufig trösten Todesanzeigen aber auch. Sie informieren und geben gleichzeitig ein bisschen Zuversicht, dass zwar das Leben zu Ende ist, die Seele aber weiterleben kann.
Wir sollten das Leben viel häufiger loben.
In diesem Fall musste ich vor allem erst eines: Nachdenken. Denn ich hatte die Frau nur ein einziges Mal aus der Ferne gesehen und ihren Mann, der nun leider ohne sie leben muss, auch nur wenige Male. Er war mir aber so unbedingt sympathisch, dass ich ihm eine Beileidskarte schrieb, als ich von seinem Schicksal hörte.
Ich schreibe dies, um eine sehr bekannte, oft aber vergessene Tatsache in Erinnerung zu rufen. Die da heißt:
Carpe diem!
Wie oft tun wir das nicht, den Tag nutzen, so wie er ist? Worauf warten wir dann? Und ich schreibe das auch, weil ich es manchmal ebenfalls nicht schaffe, mich zu sehr von dem lenken lasse, was mich runterzieht.
Meistens liegt es an Verstrickungen, die mit Menschen zu tun haben, die uns nicht guttun. Und oft kann man diese Menschen nicht abschneiden wie einen Zopf, den man loswerden will. So wie Kinder sich ihre Lehrer zwar zur Hölle wünschen können – sie werden sie im Zweifel aber zumindest bis zum Ende des Schuljahres behalten. Oder wenn Eltern eine wenig rühmliche Rolle im Leben spielen – sie bleiben Vater oder Mutter. Selbst wenn man sie nicht trifft, sie bleiben im Bewusstsein.
Was jedoch immer zu ändern ist, ist die Einstellung oder die Haltung dazu.
Meinem Kind sage ich dann: Schau mal, vielleicht ist das beim Lehrer XY doof, aber dafür hat er oder sie diese Qualität. (Sehe ich selbst keine Vorzüge, versuche ich zumindest meinen Mund zu halten, denn das Blödeste in einem solchen Fall ist es, Negatives zu verstärken.)
Dankbarkeit rührt gerade beim Abschied nehmen
Zurück zur Todesanzeige. Allein die Dankbarkeit, die aus der Anzeige spricht, hat mich gerührt.
„Danke für das tröstende Wort, gesprochene oder geschriebene; für einen Händedruck, wenn Worte fehlten; für alle Zeichen der Liebe und Freundschaft; für ein stilles Gebet. Danke für alle, die da waren. Danke für alle, die da sind.“
Und ich stelle mir vor, dass dieser sympathische Herr, der gerade in tiefer Trauer ist, eine offenbar empathische Familie hat, denn so etwas schreibt man nicht einfach so. Und ich denke: Ja, genau, es ist die Dankbarkeit, die uns reifen und überleben lässt. Und genau dieses Gefühl des Dankes macht so viel aus!
Und dann sehe ich noch etwas. Das Todesdatum und das Geburtsdatum. So starb die Dame vier Tage nach ihrem Geburtstag. Und ich stelle mir vor, dass das Paar, vielleicht sogar im Rahmen der Familie, noch gefeiert hat und dankbar war, sich zu haben.
Meine Hoffnung ist, dass der Mann dankbar sein kann für die vielen Jahre, die sie zusammen hatten. Der Tod kam zu schnell – aber die Erinnerung bleibt ewig. Eine ohfamoose Tatsache.
Text und Fotos: Elke Tonscheidt
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