Was machen … Christoph Busch und der Zuhör-Kiosk?

Von Zeit zu Zeit fragen wir: Was macht eigentlich … ? Adressieren damit eine Persönlichkeit, der wir bereits einmal eine Geschichte auf ohfamoos gewidmet haben. Denn in der Rubrik Persönlichkeiten tummeln sich mittlerweile jede Menge spannender Personen, ob sie Designerdüfte kreieren, ehrenamtlich bei der Tafel arbeiten oder mit Steinböcken tanzen. Einer von ihnen, deren Engagement uns auffiel, ist Christoph Busch aus Hamburg. Elke hat nachgefragt!

Eigentlich wollte Christoph Busch ein Buch schreiben. Der sympathische Drehbuchautor, über den ich bereits 2018 berichtete, weil mich der von ihm gegründete Zuhör-Kiosk begeisterte, hat seinen Fokus mittlerweile geändert.

Schnell suchte er nicht mehr nach Informationen, sondern hörte zu. Und weil es enorm viel zum Zuhören gab und ihm die Entwicklung seiner Zuhör-Station so ans Herz wuchs, stockte das Buch. Zwei Jahre später schrieb er mir:

„Wenn man die Wüste mit dem Fahrrad durchquert und darüber ein Buch schreibt, ist das überschaubarer. Jedenfalls bin ich noch unterwegs.“

Und jetzt, im Winter 2024, lese ich in seiner E-Mail auf meine Nachfrage, wie Das Ohr angenommen wird:

„Dem Kiosk und seinen Ohren geht es gut. Mein Buch wird, wenn ich es denn einmal rund bekomme, ein ganz anderes: Über den Missbrauch unserer Gefühle.“

Christoph Busch, sechster von links, und das Team vom Hamburger Zuhör-Kiosk

Und erneut tauchen wir ein in eine spannende Geschichte rund ums soziale Miteinander, denn der Schmierstoff fürs Gelingen des Hamburger Ohrs ist: Vertrauen. Und das scheint mittlerweile ja vielen Menschen abhanden gekommen zu sein, schaut man dieser Tage allein auf die (Politik)-Verdrossenheit unserer Gesellschaft.

Vertrauen, hat Christoph Busch der Hamburger Morgenpost kürzlich anvertraut, sei die Voraussetzung für die Gespräche im Ohr. Auf der mittlerweile existierenden Webseite des Zuhör-Kiosks erzählt dessen Initiator: Oft würden ihm „Erlebnisse anvertraut, die Menschen sich sonst nicht zu erzählen trauen: Aus Sorge, dass ihre Ehrlichkeit irgendwann gegen sie verwendet werden könnte, oder einfach, weil sie, wie wir alle, Unglück lieber für sich behalten.“

Wer kommt in den Zuhör-Kiosk in der Hamburger U-Bahnstation Emilienstraße?

Mutig seien die, die einfach reinkommen und erzählen. Manche kommen auch regelmäßig, wie ein fast Hundertjähriger, der nicht müde wird zu erzählen, wie oft er seine Mütze verliert. Manchmal werde es aber auch „sehr intim, wenn jemand kommt und sagt: „Das mag ich nicht mal meiner Frau erzählen.“ Christoph Busch fühlt sich dann „wie der allerbeste Freund“, und weiß zugleich.

„Die Leute vertrauen uns, weil sie uns nicht wiedersehen müssen.“

Was ist alles passiert rund um den Zuhör-Kiosk?

  1. Christoph Busch sitzt schon lange nicht mehr alleine in dem kleinen grünen Kiosk auf dem Mittelbahnsteig zwischen den Gleisen der Hamburger U-Bahnstation Emilienstraße. Schnell wuchs eine Gruppe von Zuhörer*innen – mit einem festen Stamm und Fluktuation. „Das Zuhören“, sagt er, „muss ja auch zu Leben passen.“

    Alle drei Monate trifft sich das Team vom Zuhör-Kiosk zum Gruppenfoto
  1. Um die Kiosk-Finanzierung besser aufzustellen, gibt es einen seit 2020 als „mildtätig“ eingetragenen Verein, der für Spenden Zuwendungsbescheinigungen ausstellen kann.
  2. Nach wie vor groß ist auch das Medieninteresse – zu ungewöhnlich ein solcher Ort, an dem nicht nur über Glück oder Unglück gesprochen wird, sondern wo laut Christoph Busch Gutes wahr werde:

„Passanten grüßen lächelnd, Fahrgäste winken aus den Zügen, Blicke begegnen sich. Der grüne Kiosk ist in der sonst wenig frohen Umgebung ein erfreulicher Anblick – wie ein Baum in einer kargen Landschaft. Er wirkt allein schon dadurch, dass es ihn gibt.“

  1. Selbst in der Coronazeit waren er und seine Mitstreiter*innen aktiv – zunächst online, was jedoch, erinnert er sich, „natürlich nicht zu vergleichen war mit einer direkten Begegnung“. Besser liefen Gespräche direkt am Schalter, und sogar Spaziergänge im Park neben der U-Bahnstation fanden statt.

Und dann kamen die geselligen Bänke: Wer will, bleibt nicht allein

Das, was mir am meisten gefällt, sind die Geselligen Bänke. Auf deren Lehnen steht gut sichtbar: „Setzen sie sich gerne dazu.“ Auch sie sind ein Projekt vom Hamburger Zuhör-Kiosk, zu finden in Hamburg Eimsbüttel im Park am Weiher.

Hierhin begeben sich Menschen, die offen für Gespräche sind – wollen sie lieber alleine sein, setzen sie sich direkt vor die Schrift.

Mein Fazit:

Christoph Busch hatte mit dem Zuhör-Kiosk eine grandiose Idee. Und die geselligen Bänke sollten gerade in Zeiten, wo Menschen sich einsam fühlen, viel häufiger aufgestellt werden – wären nicht Öffentliche Bücherschränke ein guter Ort? Und gespannt bleibe ich auf das Buch zum Projekt …

Übrigens:

Weitere Zuhör-Kioske gibt es auch in anderen Städten, z.B. in Berlin. In Hamburg sogar einen zweiten, in Bramfeld. Dass die Idee in Köln bislang nicht Fuß fasste, wundert mich, aber auch hierauf hat Christoph Busch eine amüsante Antwort: „Die Kölner*innen reden wahrscheinlich lieber alle selber😊“

Welche Orte, wo zugehört wird, kennt Ihr? Schreibt sie uns gern unten in den Kommentar!

Fotos via Christoph Busch

 

Hier gehts zum 1. Bericht über Christoph Busch

Offenes Ohr im Untergrund

Elke Tonscheidt
Elke Tonscheidt, die selbsternannte Energiebündlerin, liebt und lebt in Köln. Neben ihrer Arbeit bei ohfamoos schreibt sie auch für andere Medien, besonders gern Porträts und Reportagen. Sie vernetzt sich gern, hat ein Start-Up mit gegründet und war einige Jahre in der politischen Kommunikation tätig.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 25. Januar 2024 veröffentlicht
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Die Kommentare zu “Was machen … Christoph Busch und der Zuhör-Kiosk?”
  • Martin Reents

    In München gibt’s auch was Ähnliches: Momo hört zu (www.momohoertzu.de). Wir kennen uns von startsocial, wo Momo hört zu Stipendiat ist (und wir mit dem Bunten Haus auch)


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