Aufblühen – schaffen Feel-Good-Manager das?
Gemeinsame Mittagessen, Arbeiten im Co-Working-Space, ganz viel Interaktion, zahlreiche Standups und Mini-Updates, regelmäßige Off-Sites – das Arbeiten in Start-Ups könnte schlimmer sein. Wofür, um Himmels Willen, werden gerade dort dann auch noch Feel-Good-Manager gebraucht? Dass die Unternehmenskultur blüht? Aber kann man „so was“ wirklich werden? Und was machen die im Detail?
Kürzlich beim Kaffeeklatsch. Eine Freundin fragt in die Runde: „Sagt mal, kennt Ihr Feel-Good-Manager?“ Sie war sicher, ihr Patenkind habe ihr etwas sensationell Neues mitgeteilt. Zwei von fünfen wussten jedoch Bescheid. Denn Menschen in Unternehmen, die sich um die Kultur desselbigen kümmern, gibt es schon länger – auch ich habe mich in meiner Start-Up-Zeit damals darum gekümmert.
Ich frage den ‚alten’ Start-Up Fuchs, Martin Reents. Er hat hier auf ohfamoos bereits berichtet, wie das Gründen mit Freunden geht. Momentan arbeitet er u.a. bei apaleo – wo laut Martin lauter Individualisten mit unterschiedlichsten kulturellen und nationalen Hintergründen arbeiten. Wie in vielen Start-Ups üblich. Bei apaleo sind das, allein im Gründerteam, neben Deutschen zwei Russen, ein Italiener, ein Österreicher und eine Amerikanerin. Sie und weitere Spezialisten, darunter einige der Kategorie „Nerds“, arbeiten mit Entwicklern aus der ganzen Welt auf Tagesbasis zusammen. „Unser Mr. Feel-Good“, sagt Martin, „muss deshalb nicht nur für einen Ausgleich zur harten Arbeit sorgen, sondern vor allem die Integration bewältigen.“
Das klingt spannend. Ich frage also den Mr. Feel-Good des Münchner Software-Unternehmens, der auch Martin heißt. Seine Hauptaufgabe sei es, sagt Martin Reichenbach, „das sehr heterogene Team (Alter, Erfahrung, Kompetenzen) in jeder Phase zusammenzuhalten“.
Feel-Good-Manager kümmern sich auch um Partys
Für die Gründungsphase bedeutet das: Jetzt müssen erst mal die Personen, deren Motivation extrem hoch ist, zusammenfinden. „Als Feel-Good-Manager kümmere ich mich um den regelmäßigen Austausch in Form gemeinsamer Mittagessen, Partys, und anderer Aktivitäten.“ Auf der Teamseite würden in dieser Phase „Claims abgesteckt“: Welchen Weg geht welches Team? „Der Feel-Good Manager muss hier dafür sorgen, dass Konflikte aktiv ausgetragen werden und Problemen keinesfalls aus dem Weg gegangen wird. Gerade bei Alpha-Tieren im Softwarebereich wirklich wichtig“, sagt Martin Reichenbach.
Googelt man nach Feel-Good Managern, ist das Resultat: Fast 10 Millionen Einträge. Zig Stellenangebote und viele Artikel, die erläutern, was sich hinter dieser Rolle verbirgt. Und wie man diese Personen nutzt. Beispiel Jimdo, der Anbieter von Website-Baukästen. Das Hamburger Unternehmen hat bereits früh den Wert entdeckt, den Feel-Good-Manager auch für das Herausbilden guter Arbeitgebermarken haben. In einem Interview mit karriereführer, dem Jobmagazin für Hochschulabsolventen, heißt es: „… auch für das Employer Branding ist ein Feel-Good-Manager sehr wertvoll:
„In der heutigen Arbeitswelt sind viele Arbeitnehmer nicht mehr bereit, bis zum Burnout zu schuften, sondern das Arbeitsklima und -umfeld sind wichtige Kriterien für die Arbeitgeberwahl – da ist ein Feel-Good-Manager ein positives Zeichen. Er signalisiert zukünftigen Angestellten, welche Kultur hinter dem Unternehmen steht.“
Firmen, die heute Feel-Good Manager suchen, beschreiben die Rolle zum Beispiel so: „In dieser für uns sehr wichtigen Rolle bist du die erste Ansprechperson für unsere Mitarbeiter und unsere internen Prozesse. Wir sehen die Rolle als das Herz unseres Teams, die erste Ansprechperson für unsere Mitarbeiter, die Person, die den Gemeinschaftsgedanken unterstützt und dafür die Prozesse und die Arbeitsumgebung kreiert!“
Für Martin Reichenbach ist eine weitere Aufgabe entscheidend: „Ich mache die Stärken aller Teammitglieder transparent. Weil das zu gegenseitigem Respekt führt. Gerade in einem Team von Superstars wie bei apaleo werden Fähigkeiten aus anderen Unternehmensbereichen nicht ausreichend sichtbar.“ Am Beispiel seiner eigenen Person verdeutlicht er: „Anfänglich war es nicht jedem klar, was meine Kompetenzen sind. Ich bin ursprünglich als Berater zum Team gestoßen und habe mich um das Produktpricing gekümmert. Erst mit meiner Rolle als Developer wurde sichtbar, dass ich nicht nur den Titel des COO trage, sondern auch Ergebnisse liefere. Das konnte allerdings nur passieren, weil eine sehr hohe Transparenz über meine Leistung bestand.“
Feel-Good-Manager sorgen für Integration
Gerade wenn Teams in Unternehmen wachsen, wachsen auch die Herausforderungen für Feel-Good-Manager. Die da heißen: Integration, Integration, Integration. Denn neue Teammitglieder benötigen neben dem richtigen Umfeld, das in digitalisierten Zeiten immer wichtiger wird, auch einen gewissen Grad an Sicherheit.
Wie schaffen Start-Ups das? Martin Reichenbach: „Ich unterstütze zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder sorge für eine professionelle technische Ausstattung. Das ist – neben der pünktlichen Zahlung von Gehältern und gemeinsamen Team-Events – schon lange Standard.“
Und die weniger schönen Aufgaben? Die bestehen darin, zu erkennen, wenn ein neuer Mitarbeiter nicht ins Team passt bzw. nicht die erwartete Leistung bringt. „Hier muss der Feel-Good Manager schnell entscheiden können, jemanden aus dem Team zu nehmen“, erläutert Reichenbach. Das kann auch für das Klima in einem ganzen Unternehmen sehr wichtig sein.
Wie aber grenzt man dann einen Feel-Good-Manager von dem ab, was (gute) Personaler tun? Ich befrage Stefanie Frenking, die seit Oktober 2011 das Thema Feel Good bei der Firma Spreadshirt bedient. Ihre Antwort: „Bei uns geht es ineinander über, da ich ja zusätzlich mit meinem Team auch für das Recruiting verantwortlich bin. Feel Good wird ja letztendlich von allen Mitarbeitern mitgestaltet und da ist es gut, wenn man schaut, welche Mitarbeiter das zukünftig und gegenwärtig sind. Mit dem Titel grenzen wir uns nicht ab, sondern geben nur ein zusätzliches Versprechen an die Mitarbeiter ab. Die Kombination aus Feel Good und HR (Human Resources) finde ich wichtig und gut, denn es hilft auch sehr in der Rolle selbst ernstgenommen zu werden.“ Stefanie glaubt auch, dass heutzutage viele Unternehmen ein Feel-Good Management haben – „nur ist es eben nicht immer der Fokus oder trägt einen eigenen Namen“. Manchmal weichten die Titel etwas ab; manche heißen z.B. hochtrabender: CHO, Chief Happiness Officer…
Fakt ist: Immer mehr Unternehmen, sei es Start-Ups oder traditionell organisierte, kommen um das Thema immer weniger drum herum. Mal hier eine Fortbildung, mal da ein nettes Wort – nicht mehr ausreichend. In Zeiten von Facharbeiterengpässen und allem, wofür die Digitalisierung steht, muss man Leute nicht nur finden, sondern diese auch halten. Denn wer heute wenig Spaß an dem hat, was er tut, geht. Schlicht und einfach. Oder wird krank.
Feel-Good-Manager sind Teil der Unternehmensführung
Mein Start-Up Fuchs Martin Reents, hat für sich den Begriff des Feel-Good-Managers übrigens längst erweitert. Bezogen auf apaleo sagt er:
„Wenn man – wie wir – die soziale Vielfalt im Team konstruktiv nutzen will, dann braucht es mehr als nur Management von Work-Life-Balance. Dann braucht es einen „Diversity-Manager“ – und das ist dann keine nette Nebenrolle mehr, sondern Teil der Unternehmensführung.“
Fotos via apaleo