Schlechte Stimmung: Lesen wir zu viele bad news?
In Deutschland wird viel gemeckert. Sehr viel sogar, aber geht es uns wirklich so schlecht? Oder lesen wir schlicht zu viele bad news? Uns bei ohfamoos fällt die schlechte Stimmung auf. Seit Jahren, aber momentan wieder ganz besonders. Dabei gucken wir genau hin – setzen jedoch bevorzugt und bewusst auf das Positive. Ist das blinde Hoffnungsträgerei? Oder kommt man gut gelaunt doch besser durchs Leben?
Vielleicht geht es Euch auch so: Ich lese morgens in ein paar Newsletter rein, z.B. den wirklich gut aufgemachten von Gabor Steingart – und bin bedient. Bevorzugt schreibt der bekannte Journalist, der lange beim Spiegel und Handelsblatt war, von den deutschen Wutbürgern. Oder betont die Schamlosigkeit der Politik. Fast täglich spießt Steingart den oder diesen Streit auf der politischen Bühne auf; begründet, wer und warum eigentlich vor allem eins ist: Zu schlecht um ein Amt auszuführen. Er beobachtet oft richtig, aber: Ganz oft bleibt auf der Strecke, was in diesem Land klappt, wer sich engagiert. Wo steht an prominenter Stelle, dass nicht nur mit Wut sondern mit Freude gearbeitet wird? Wo geht es mal bewusst darum, wie sehr sich Leute für ihre Mitmenschen einsetzen?
Permanent schlechte Stimmung
Wo man in den klassischen Medien auch hinschaut: Permanentes Kritisieren, was alles schlecht läuft. Aber was bringt es, wenn Journalisten andere „runter“ schreiben? In erster Linie Verdruss. Und als Schlussfolgerung: Unser Land ist eigentlich nur schaurig. Und immer weniger Menschen denken darüber nach, in einem öffentlichen Amt Verantwortung zu übernehmen. Wer ist denn in dieser medialen Lage scharf darauf sich auf dieses Terrain zu wagen, wo man es ja ohnehin nie allen Recht machen kann?!
Als ich kürzlich einer neuen Bekannten von unserem Blog berichte, ist sie wenige Tage später eine Abonnentin von ohfamoos. Sie ist es leid, so oft über das Schlechte im Leben zu lesen. Sie ist bei weitem keine, die nicht weiß, wie viele Sorgen und Ängste es gibt. Aber ihrer Tochter, einer Journalistin, stellt sie gern die Frage, warum das Negative so im Fokus stehe. Heißt eine alte Journalistenregel ja: Bad news are good news. Manche sagen sogar: Only bad news are good news.
Wir bei ohfamoos machen es bewusst anders: Sonja, Cornelia und ich – und mit uns die Gastautoren von ohfamoos – werden nicht müde zu betonen, wie wichtig es ist positive Zeichen zu setzen. Wir wissen alle, dass die Welt aus gut und böse besteht! Aber wir haben es schon lange satt, immer nur von Gefährdungen zu hören.
Medienmacher schüren schlechte Stimmung
Meine Kollegin Cornelia Lütge drückt es so aus: „Nur der KONSTRUKTIVE Streit um die Dinge öffnet Menschen, ermöglicht Verstehen. Und schafft Bewusstheit dafür, dass Nörgeln, Pessimismus und Abwertung uns klein halten, der Abwärtsspirale erst Tor und Tür öffnen.“ Sie ist überzeugt: „Die brachiale Gewalt der Medienmacher schürt das Ganze.“ Cornelia empfindet die Stimmen momentan als so laut, dass Menschen kaum ihre eigene Meinung hören können.
Vielleicht hören wir in diesen Tagen auch deshalb in unserem Umfeld oft: „Ich brauche mehr Fokus.“ Oder: „Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.“ Eine Leserin erzählt, sie sei zur ENTspannung einfach mal ins Museum. Habe ihre Arbeit liegen gelassen, weil sie Ruhe brauchte. Andere sagen Termine ab um sich besser auf ihren Alltag zu konzentrieren. Natürlich trägt das zur VERspannung bei: Dieses laute Rumgenöle – und gleichzeitig gibt es bei denen, die motzen, gar keine Alternative. Wie würden denn die stärksten Kritiker ganz konkret in Situation handeln, um es besser zu machen? Da kommt eben: Nichts. Lieber vermiesen sie die Stimmung und beschweren sich bevorzugt über das Schlechte. Und das Gute? Bleibt stecken. Im Museum quasselt wenigstens keiner davon, was alles nicht klappt.
Bereits vor drei Jahren haben wir die Aktion „Macht, Medien“ gestartet, bei der wir Meinungsmacher in den Medien aufgefordert haben, mehr Verantwortung zu zeigen. Viele unserer Leser haben den Appell mit unterzeichnet. Nur zwei Sätze daraus als Erinnerung – heute, drei Jahre später, vermutlich dringlicher als zuvor:
„Begleitet unser Land medial mit größter Verantwortung! Bauscht Schlechtes nicht auf, betont mutig das Positive.“
Es geht NICHT darum die Augen zu verschließen vor dem, was nicht läuft. Aber ich bin überzeugt: Lese ich morgens im Newsletter als Erstes bad news, ist der Tag schon halb gelaufen. Wir brauchen genau das Gegenteil. Den Mut, vieles selbst in die Hand nehmen zu können. Nicht die Wut, dass wir sowieso nichts ändern können. Wie sagte ein früherer Chef von mir: Geht nicht, geht nicht. Und ich freue mich eine Kolumne von Claudius Kroker zu lesen, ein freier Journalist und Autor; er schreibt:
„Auf den Punkt gebracht haben es Kinder, die neulich in einer Kirche folgenden Gedanken zum Besten gaben: „Der Hahn verkündet den Moment, an dem das Licht über die Dunkelheit siegt. Auch wir sehen oft nur die dunklen Seiten der Menschen und die bösen Taten, darüber berichten alle Zeitungen und das Fernsehen. Haben wir verlernt, die Lichtseiten im Leben der Menschen zu sehen?“
Deshalb, drei Lichtseiten zum Schluss:
- Schaut mal auf das, was Gina Schöler so macht!
- Bald gibt es einen Mutmacher-Gipfel!
- Und wie sagte kürzlich eine Grundschullehrerin auf die Sorgen, dass Kinder die 1. Klassenfahrt (mit Übernachtungen ohne Eltern natürlich) nicht bewältigen: „Glauben Sie mir, die schaffen das alle!“
Fotos: Unsplash (Nicole Honeywill und Mike Ackerman)
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