Nachrichten oder lieber ohfamoos?
Krieg, Corona, Klimawandel, Energiekosten – gerade dominieren wieder viele Bad News, also eher schlechte Nachrichten, die Medienwelt. Wir bei ohfamoos, die wir doch so gerne über Positives und Konstruktives berichten, haben uns gefragt, wie Menschen ihre Nachrichten beziehen und mit der Flut dieser Nachrichten umgehen. Nachrichten oder lieber ohfamoos? Sonja berichtet.
Zu diesem Thema gibt es den sogenannten Digital News Report vom Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford, die diesen Report seit 2012 jährlich erstellt. Und schon gleich mal vorneweg eine Aussage aus dem 2022 Report:
„Angesichts der bedrohlichen und beängstigen Ereignisse vermeidet fast ein Drittel der in Deutschland befragten Menschen aktiv, mit Nachrichten konfrontiert zu werden.“
Der diesjährige Bericht aus Oxford basiert auf einer YouGov-Umfrage mit über 92.000 Verbrauchern von Online-Nachrichten in insgesamt 46 Ländern. Er dokumentiert einen Vertrauensverlust, ein sinkendes Interesse an Nachrichten und eine Zunahme der Nachrichtenvermeidung. Der Report befasst sich außerdem mit der Polarisierung des Publikums und untersucht, wie junge Menschen auf Nachrichten zugreifen. Für jedes der 46 Länder gibt es einen eigenen Report.
Allgemein wird zusammengefasst:
- Der Zugang zu Nachrichten wird immer weiter verteilt. Allgemein zieht es nur ein Viertel (25 %) der Befragten vor, ihre Nachrichtenreise mit einer Website oder App zu beginnen. Die 18- bis 24-Jährigen (sogenannte Generation Z) haben eine noch schwächere Bindung zu Websites und Apps und greifen mit fast doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit lieber über soziale Medien, Aggregatoren oder mobile Benachrichtigungen auf Nachrichten zu.
- Die Daten deuten außerdem darauf hin, dass Mainstream-Nachrichtenmarken und bekannte Journalisten die meiste Aufmerksamkeit auf Facebook und Twitter bekommen, aber sie werden von Influencern und Quellen wie TikTok, Snapchat und Instagram in den Schatten gestellt. TikTok erreicht jetzt ein Viertel (24 %) der unter 35-Jährigen.
- In einigen westlichen Ländern wurde ein erheblicher Anstieg der Zahlungen für Online-Nachrichten erlebt. Norwegen ist mit 45 % (+3 %) weiterhin führend, Deutschland (9 %) bildet mit Großbritannien (8 %) das Schlusslicht.
- Die Nutzung von Smartphones für Nachrichten (73 %) ist so schnell wie seit vielen Jahren nicht mehr gewachsen. Die Nutzung von Laptops, Desktop-Computern und Tablets für Nachrichten ist stabil oder rückläufig. Das Wachstum bei Podcasts hat sich verlangsamt.
- Während große Nachrichtenverlage Rekordzahlen bei digitalen Abonnements und steigende Einnahmen melden, stellen die Verfasser des Reports fest, dass das Interesse an Nachrichten und der Nachrichtenkonsum in vielen Ländern erheblich zurückgegangen ist. Ebenso schwindet das Vertrauen. Eine Nachrichtenmüdigkeit – nicht nur in Bezug auf Corona, sondern auch in Bezug auf Politik – nimmt deutlich zu.
Die Jüngeren meiden Nachrichten bewusst
Da jedoch immer mehr Nachrichtenagenturen und -formate um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren, wird ein Rückgang des Interesses und des Vertrauens in Nachrichten in allen Altersgruppen – insbesondere bei jüngeren Zuschauern – beobachtet. Die unter 35-Jährigen ist die Altersgruppe mit dem geringsten Vertrauen, wobei nur ein Drittel (37 %) der 18- bis 24-Jährigen und der 25- bis 34-Jährigen in allen Ländern angibt, dass sie den Nachrichten die meiste Zeit vertrauen.
Junge Menschen entscheiden sich zunehmend dafür Nachrichten zu meiden.
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Die Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 2021 #UseTheNews des Leibniz-Institut für Medienforschung belegen: Soziale Netzwerke sind für Jugendliche eine sehr relevante Informationsquelle. Klassische, journalistische Berichterstattung geht hingegen häufig an ihrer Lebenswelt vorbei.
Der Digital News Report für Deutschland
In Deutschland ist es nicht verwunderlich, dass das Interesse an Nachrichten nach dem COVID-Schub 2020 zurück ging. Dennoch bleibt die Nachrichtennutzung in Deutschland hoch: 92 % der Befragten konsumieren Nachrichten mehrmals pro Woche, und mehr Menschen zahlen für Online-Nachrichten.
Vermerkt wird auch, dass viele Newsanbieter ihr Nachrichtenprogramm ausbauen. Der Privatsender RTL startete an vier Abenden in der Woche die TV-Nachrichtensendung „RTL direkt“ und rekrutierte hochkarätige Moderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender. Auch der Nachrichtensender n-tv hat sein Nachrichtenangebot ausgebaut und sendet nun stündlich Nachrichten auf seinen digitalen Kanälen. Und die Boulevardzeitung Bild sendet mit BildTV Boulevardzeitungs-orientierte Nachrichten, politische und sportliche Talkshows.
Es gibt also eine ganze Fülle von neuen Angeboten nur für Nachrichten. Aber was machen Nachrichten, Headlines und Fast News mit uns?
Was machen Nachrichten mit uns?
Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln und Mitgründerin von Perspective Daily schreibt folgendes: „Das Bedürfnis, auf dem Laufenden zu bleiben, ist groß. Doch nicht immer haben die konsumierten Informationen einen direkten Bezug zum eigenen Alltag. Das belastet psychisch. Der Blick auf das eigene Leben werde negativer, die Stimmung schlechter. Der permanente Konsum von schlechten Nachrichten verursacht chronischen Stress. Gereiztheit, schlechter Schlaf bis hin zu Depressionen können die Folge sein.“
4 Tipps zur Medienhygiene
- Hinterfrage Deinen Medienkonsum. Wissenschaftler raten dazu sich zu fragen, was dich wirklich weiterbringt.
- Konsumiere gezielt und nicht wahllos. Konstruktive Medienbeiträge lassen dich nicht mit der Katastrophe alleine.
- Lege Nachrichtenpausen ein. Es ist OK offline zu sein.
- Stärke Deine Medienkompetenz, um möglichen Fake News zu entgehen.
In eigener Sache:
Elke und ich schreiben jetzt im neunten Jahr für Euch und bemühen uns weiterhin, Positives und Konstruktives zu betonen. Das ist nicht immer leicht. Es geht uns dabei nicht um ein Ausblenden oder Schönfärberei, sondern um die Frage: Wie können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern? Nach über 800 Beiträgen auf unserer Webseite, unseren Social Media-Kanälen wir Facebook und Instagram und unsere drei ohfamoosen Unkonferenzen ist unser Ziel auch für die kommende Saison, weiterhin einen konstruktiven Diskurs mit Euch zu führen.
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Fotos: Reuters Institute, Canva