Weniger ist mehr oder: Wen man so Altweiber trifft…
Manchmal trifft man ja Menschen, die vergisst man so schnell nicht. Nicht was Ihr jetzt denkt, auch wenn es sich hier um eine meiner neuen männlichen Bekanntschaften handelt. Und noch dazu eine solche, die ich Altweiber in Köln machte. Mitten im Getümmel also.
Aber nein, wir haben noch nicht einmal geflirtet. Uns aber extrem kurz und verdichtet, wobei ich hier nicht den Alkoholpegel meine, unterhalten. Über ernste Themen, humorvoll verpackt.
Es fing an mit dem, was man(n) gemeinhin so fragt: Und, was machst Du so beruflich? Bei mir war das schnell beantwortet: freie Journalistin, Bloggerin, auch immer öfter Moderatorin und vor allem gern Mutter. Meinen Blog könne er lesen, meinte ich noch (bin ja auch PR-Frau J). Doch seine Antwort war:
„Kann ich nicht lesen.“
Huch, so sah er doch gar nicht aus! Aber er beeilte sich hinzuzufügen, dass er einfach nie online sei. Jetzt mit bald 60 Jahren noch nie ein Handy hatte. Und auch keins anschaffen wolle. Weil er gut damit lebe. Was selbst klappe, wenn man – wie er – in der IT-Branche arbeite.
Altweiber in Köln – und die Augen zwinkerten
Dabei zwinkerten seine Augen so lustig, dass ich erst dachte: Der nimmt mich auf den Arm. Was ich ihm jedoch nicht empfehlen wollte, einen halben Kopf größer bin ich bestimmt. Und danach haben wir die Köpfe zusammen gesteckt, um über das Leben ohne Netz zu sprechen. Spannend!
Das ganze Geschwafel im Netz – kennt er nicht. Will er mit jemandem in Kontakt bleiben, so schreibt er seinen Namen, nennen wir ihn Michael, feinsäuberlich auf einen Bierdeckel und setzt seine Festnetznummer dazu. Eine Nummer, die ich nun wieder nicht (mehr) habe.
Ein Typ ohne Handy – ein Sonderling?
Vielleicht. Aber einer mit dem Herz am richtigen Fleck. Der als Pfarrer verkleidete Dortmunder („Das Kreuz gab es im Doppelpack und mein Bruder wollte auch eins haben.“) tauschte sich mit mir über das aktuelle Thema Klimaschutz und die Frage „Können wir die Welt noch retten?“ aus. Er war da skeptisch. Nicht weil es theoretisch noch ginge. Er glaubt nur, dass die Menschen einfach nicht gescheit genug seien es auch zu tun. „Weniger ist doch so viel mehr“, sagte er mehr als einmal, denn das sei seine Devise. Aber die Menschen würden konsumieren ohne Ende, häuften alles an bis zum Umfallen. Um sich später (vielleicht) zu fragen: Brauchen wir das alles überhaupt?
Ich habe versucht ihm ein bisschen Hoffnung zu geben. Wie Heike Lachnit in ihrem Artikel über den Klimaschutz kürzlich schrieb, haben wir Hoffnung aufgrund unserer Kinder. Ja, nicht jeder Fridaysforfuture-Kämpfer ist so weise, mancher möchte lieber die Penne prellen, aber wenn schon: Wichtig ist doch das Zeichen, dass da was geht. Dass da was wächst.
Mein überaus sympathischer Altweiber-Pfarrer aus Dortmund, selbst leider kinderlos, strahlt mich beim Abschied an: „Ich hoffe, es stimmt was Du sagst.“ Und ich wünschte, sein Bruder ist mal online und findet #ohfamoos. Dann könnte er ihm vorlesen, was für ein netter Mann sein Bruder ist und dass ich mir von dieser Sorte ganz viele mehr auf dieser Welt wünsche. Nicht nur im Karneval.
Foto: Hannah Wei