Schluss mit gemütlich: Die Power der Jugend
Kürzlich hatte ich das Glück, ein paar Tage mit der Tochter und Patentochter einer guten Schulfreundin zu verbringen. Es war spannend zuzuhören, worüber sich „die Jugend“ unterhält, auf Netflix guckt oder über Fridays for Future denkt. Zu verstehen, warum eine 14jährige vegetarisch lebt, was eine 18jährige beim Schülertausch in den USA erlebt hat usw. Zum Schluss war mir klar: Die zwei sind ohfamoose Gesprächspartnerinnen. Wollten sie ein Interview über die Power der Jugend beim Klimaschutz? Und ob!
Mir hat das gut gefallen. Viele meckern ja über „die Jugend“. Dem einen ist sie nicht politisch genug, anderen sträuben sich die Haare, wenn sie nur den Namen Greta hören. Was mir gefällt: Die Hartnäckigkeit vieler Jugendlicher, an einem Thema dran zu bleiben, sich einzuarbeiten. Ich meine nicht „nur“ zu demonstrieren. Sondern Wissenschaftler und Scientists for Future ernst zu nehmen und Politiker zu konfrontieren. Das machen Elena Sanchez Garcia (geb. 2004 in Köln) und Antonia Zehren (geb. 2001 in München) noch nicht, aber sie sprechen von einem deutlich wahrnehmbaren Wandel…
Glaubt Ihr, dass die Klimaschutz-Debatte das Handeln Eurer Generation verändert?
Elena: Auf jeden Fall, es wird viel mehr drüber gesprochen als früher, weil es so aktuell geworden ist. Jetzt denken auch viele Erwachsene mehr nach. Man will seinen eigenen Teil zum Klimaschutz beitragen.
Antonia: Viele achten jetzt darauf, weniger Plastik zu verbrauchen. Und wenn 18jährige ihren Führerschein machen, denken sie über Autos nach, die weniger Schadstoffe in die Umwelt pumpen. Jugendliche haben begonnen fortschrittlicher zu denken.
Was macht Ihr konkret?
Elena: Wir reden in meiner Familie viel über das Thema und ich verzichte als Vegetarierin auf Fleisch und Fisch. Meine Mama fährt nur mit dem Fahrrad zur Arbeit, ich versuche das zur Schule ebenfalls … denn so kann doch jeder so viel Abgase einsparen und im Kleinen mithelfen.
War das vor ein, zwei Jahren noch anders?
Elena: Auf jeden Fall. Klar, ich bin jetzt älter, vielleicht empfinde ich es anders mit 14, aber in der Schule ist das ein echt großes Thema – und all die Umweltthemen leiten die Lehrer bei uns von der Fridays for Future-Bewegung ab.
Du gehst in Bonn auf die Freie Walldorfschule, die Fridays for Future offenbar positiv gegenübersteht.
Elena: Ja, während ich von anderen Schülern weiß, dass sie Verweise bekommen, wenn sie zu den Demos gehen, können wir ab der 9. Klasse eine Einverständniserklärung der Eltern einreichen, um legal an den Demonstrationen teilzunehmen. Was auch viele in Anspruch nehmen und mitmachen. Die 9. und 10. Klassen sind teilweise als ganzer Klassenverband dabei, machen große Plakate, sind sehr engagiert.
Und in der 8. Klasse, in der Du bist?
Elena: … durften wir noch nicht hingehen, aber weil sich ein Lehrer dafür eingesetzt hat, waren wir auch einmal dabei.
Und Du, Antonia, was tust Du konkret?
Antonia: Ich versuche so viel es geht Fahrrad zu fahren oder den Bus zu nehmen und kann Elena bestätigen:
In der Schule machen manche Lehrer extrem viel und schaffen so ein neues Bewusstsein.
Ich hab da, als ich jünger war, einfach weniger drüber nachgedacht, aber durch die Schule wächst das sehr. Und ich bin sehr dafür nach Österreich oder Italien das Auto zu nehmen, das ist ja alles besser als zu fliegen…
Elena: … oder den Zug!
Antonia: Ja, aber der müsste dann günstiger werden, das können sich viele nicht leisten!
Kennt Ihr Unverpackt-Läden?
Elena: Noch nicht, aber wir wollen da demnächst hin. Und ich kenne viele, die dort einkaufen. Gehört hab ich allerdings auch, dass die Preise dort höher sind. Ich denke, dass es sich trotzdem oder gerade deshalb lohnt da hinzugehen, damit die populärer werden.
Antonia, Du warst jetzt 10 Monate in Maryland/USA. Wie sieht das Umweltbewusstsein dort aus im Vergleich zu Deutschland?
Antonia: Wir sind hier viel weiter fortgeschritten! Zwar spricht man dort – ich war in der Kleinstadt Hagerstown – an den Schulen schon auch über das Thema Umweltschutz, doch denken viele leider in die Richtung ihres Präsidenten, der ja meint, der Klimawandel existiere nicht… Und apropos Einkaufen: In amerikanischen Supermärkten ist so viel Plastik! Und Du kriegst nach wie vor kostenlos für alles eine kleine Plastiktüte. Ich versuche für meine Einkäufe Jutebeutel zu nehmen und verwende die auch weiter.
Ihr habt ja sicher schon einiges an Kosmetik, wisst Ihr, was man in diesem Bereich alles anders machen kann?
Elena: Das ist so krass, wie viel Plastikartikel in fast allen Cremes und vor allem Peelings stecken. Die Mutter meiner besten Freundin ist Kosmetikerin – sie checkt genau die Inhaltsstoffe jedes Präparates. Das ist der Hammer, wenn man da genau hinschaut!
Antonia: Ich war kürzlich im Surfcamp und hab dafür eine vegane Sonnencreme ohne Mikroplastik gekauft – die war schon teuer, aber die war echt gut und ich habe das Geld dafür gern ausgegeben. Ich hoffe, dass so weniger Plastikteilchen im Meer landen.
In einer Umfrage von ZEIT CAMPUS und dem Meinungsforschungsinstitut Ipos wurden 1000 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren u.a. befragt, wie sie Fridays for Future nach nun bald einem Jahr bewerten. Dabei gaben 13 Prozent an, dass es sie langsam nerve… Könnt Ihr das nachvollziehen?
Elena: Nein! Ich denke, wir MÜSSEN uns mit den Problemen auseinandersetzen und jeder Einzelne sollte sein eigenes Engagement zeigen, weil es anders nicht funktioniert.
Ist das für Dich wie ein Wachrütteln?
Elena: Ja, auf jeden Fall, und ich finde, wenn man davon genervt ist, hat man den Ernst der Lage noch nicht ganz durchblickt.
Und Du, Antonia, bist Du genervt?
Auch nicht, ich könnte mir sogar vorstellen, später beruflich etwas in diesem Bereich zu machen …
Was hält Euch ab, JETZT schon aktiver zu sein, in einem Umweltverband mitzumischen oder Euch politisch zu engagieren?
Elena: Ich glaub, dass das bei jedem, der das nicht macht, Gemütlichkeit ist. Das muss ich leider auch für mich persönlich sagen. Es ist doch viel praktischer, sich die Plastiktüte zu kaufen. Und gleichzeitig sage ich: Wir können uns diese Gemütlichkeit nicht mehr leisten.
Du überlegst da schon konkreter?
Elena: Wir haben so tolle Vorträge von unserer Lehrerin gehört, wie super einfach man sich in Organisationen engagieren kann. Man muss halt einfach mal anfangen! Greta Thunberg hat Jugendliche mitgezogen, die niemals von sich aus angefangen hätten. Also, ich glaube, man muss noch mehr machen…
Ich spüre schon, Du bist kurz davor… (Elena lacht, nickt) Und Du, Antonia, Du hast eben gemurmelt, Ihr seid zu jung?
Antonia: Dass mit der Gemütlichkeit stimmt schon, aber ich finde die Erwachsenen sollten uns das mehr vorleben. Denn wenn man als Jugendlicher sieht, dass das gar nicht so schwierig ist, ist man doch gleich motivierter. Und dann hab ich Bedenken, ob ich das neben der Schule zeitlich schaffe, aber vielleicht stimmt das gar nicht…
Wenn Ihr in der Politik und speziell im Bereich Klimaschutz das Sagen hättet: Was würdet ihr als Erstes tun?
Antonia: Kurzstreckenflüge streichen, Flüge teurer machen und dafür den Zug günstiger.
Elena: Sehe ich auch so. Vor allem mal jetzt im Moment IRGENDWO anfangen. Deutschland könnte sich doch als sehr reiches und wohlhabendes Land da wesentlich mehr engagieren! Vorbild sein, auch hier.
Vielen Dank für Eure Antworten!
Übrigens: Auch das Beispiel von Sabrina, das Gastautorin Anja Carolina Siebel für #ohfamoos aufgeschrieben hat, ist eins, das so viel Power zeigt:
Wer der jungen Klimaaktivistin Sabrina folgen und/oder sie unterstützen möchte, kann das auf ihrem Instagram-Account @plastikfrei_sabri oder per Mail plastikfrei.wirsinddabei@g
Und: Sabrina hat mittlerweile diesen Flyer gemacht und verteilt ihn fließig in ihrer Heimat Wermelskirchen.
#volldasguteleben, finden wir!