Mut zur Veränderung – mach mit!
Business Coach Beate Pöpsel betrachtet es nicht nur als möglich, sondern als dringend notwendig, unseren Wunsch nach Weiterentwicklung anzunehmen. Sie versteht sich als Karriereberaterin, ‚Entwicklungshelferin‘ und hat die Initiative #sei_ermutigend ins Leben gerufen. Im Gespräch mit Elke dreht sich alles um das Thema Mut zur Veränderung – gerade in Krisenzeiten gefragt wie nie.
Beate, Deine Arbeit soll helfen, „dem alltäglichen Frust, persönlichen Begrenzungen oder beruflicher Sinnlosigkeit den Rücken zukehren“. Du bietest Unterstützung neu durchzustarten und hast die Initiative #sei_ermutigend gestartet. Ist das alles in Coronazeiten möglich?
Beate Pöpsel: Interessanterweise gibt es ja jede Menge Menschen, die gerade die Krise nutzen und sich sagen „wenn nicht jetzt, wann dann?!“ Dabei beobachte ich zwei Arten von Menschen: die Entmutigten – sie schauen auf die Umstände, auf eigene Begrenzungen, auf enttäuschte Pläne, ärgern sich, was oder wer ihnen (angeblich) den Weg verstellt. Sie halten sich an vermeintlichen Sicherheiten fest, die bei genauerer Betrachtung jedoch eher Zwangsjacken als Schutzwesten sind.
Und die Ermutigten…
… nutzen die Chancen der jeweiligen Zeit – ob unter Corona oder welchen Umständen auch immer. Sie vertrauen auf ihre Selbstwirksamkeit, auf ihre Ressourcen und warten nicht darauf, dass andere etwas für sie tun. Ihr Leitgedanke lautet: Was kann ich mit dem, was mir zur Verfügung steht, gerade jetzt für andere tun?
Du sprichst den Punkt an, dass wir selbst es jederzeit in der Hand haben, unsere Einstellung gegenüber Veränderungen zu überprüfen?
Ja, wobei Veränderung manchmal eines kreativen Schubs bedarf! Also Ermutigung von außen oder ein gemeinsames Sortieren von Möglichkeiten mit jemandem, der nicht nur Bedenken wälzt.
Wir können uns von einem entmutigten zu einem ermutigten Menschen entwickeln. Sicher nicht über Nacht, aber es ist absolut möglich.
Ganz wichtig dabei ist jedoch: Die innere Haltung & bewusste und unbewusste Prioritäten oder Motive müssen passend zum Veränderungswillen sein.
Aber nicht jede Idee ergibt bei näherer Betrachtung Sinn …
Richtig. Wenn eine Idee aus einem inneren Konflikt heraushelfen soll, wäre sie sogar eher Flucht als Lösung. Manches braucht jedoch lediglich ein ermutigendes Umfeld, um zu gedeihen.
Wie unterscheidet man dann am besten?
Ich rate dazu, die Gründe für den Willen zur Veränderung zu analysieren und diese in einem bewertungsfreien Setting weiterzuspinnen. So werden sich dann manche Ideen als völlig unrealistisch und weltfremd entpuppen – was völlig in Ordnung ist. Andere erhalten eine ganz neue Kraft, gewinnen an Machbarkeit und die Person entwickelt neue Selbstwirksamkeit und vor allem Mut.
Hast Du dafür ein Beispiel?
Ja, gerade erst schrieb mir eine ehemalige Klientin, die es vor zwei Jahren – nach einer gescheiterten Existenzgründung – nochmal gewagt hat, in die Selbständigkeit zu gehen. Die gemeinsame Coaching-Arbeit habe ihr so nachhaltig geholfen, hemmende und lähmende Denkstrukturen zu verändern, dass sie nun gerade in der Krise enorm aus der neu trainierten, ermutigten Denkweise schöpfen könne. Trotz echt großer Herausforderungen hat sie ein tiefes Vertrauen in sich und ihre Mitmenschen aufgebaut. Ihr Geschäft boomt und sie weiß, dass sie auch künftig mögliche Herausforderungen meistern wird.
Mut zur Veränderung fällt einem nicht in den Schoß. Vor allem dann nicht, wenn man durch Elternhaus, Schulzeit und andere Lebensumstände ganz anders geprägt ist.
Es ist Arbeit. Aber es ist machbar und lohnt sich sowas von. Und genau hier setzt #sei_ermutigend an.
So schön dieses Beispiel ist – ich höre jedoch auch von vielen, die tolle Ideen haben und dennoch nicht vom Fleck kommen, weil ringsum so vieles schleppend verläuft.
Vielleicht müssen wir hier unterscheiden zwischen „schleppend“ und „entschleunigt“. Ich kann total nachvollziehen, was du meinst. Einerseits ist es defacto so, dass in den letzten Monaten vieles nicht im gewohnten Tempo ging. Immer wieder sind von uns Flexibilität und Spontanität gefordert worden – in einem Maße, wie wir es nicht kannten.
Es geht immer wieder um die innere Einstellung
Genau diese Grenzen meine ich, die vieles ausbremsen. Wie geht man mit diesen um?
Klar ist: Es sind erschwerte Bedingungen, die die meisten von uns auf das absolut Notwendige zurückwerfen – alles andere ist Luxus. Die andere Seite der Medaille aber ist: Genau dieses Zurückgeworfensein führt dazu, dass wir uns auf unser engstes Umfeld konzentrieren und darauf, dass der simple Alltag funktioniert. Dass es guttut, für frühere Verpflichtungen nun ein anerkanntes „Alibi“ zu haben. Ich z.B. merke, dass das Beschulen der Kinder und das Kümmern um ein gemütliches Zuhause sehr viel Gutes hat. Oft genieße ich diese intensive Zeit richtig. Die Kinder finden es toll, an Distanztagen länger zu schlafen oder sich mit Lehrer XY mal nicht auseinandersetzen zu müssen. Und mal ehrlich – das geht uns Erwachsenen doch genauso.
Es geht also wieder um die innere Einstellung?
Es hilft in jedem Fall, die eigenen Prioritäten zu überdenken und einiges gewissermaßen auszusortieren oder zumindest zurückzustellen. In der Beratung geht es dann eher um Krisenintervention und weniger um Zukunftsgestaltung. Alles im Leben – ob privat oder geschäftlich – hat seine Zeit und Legitimation.
Ich finde es wichtig, dass wir uns solche aktiven Leerlaufzeiten zugestehen und daraus dann wieder neue Energie sammeln.
Kritisch ist es nur dann, wenn wir darin langfristig kleben bleiben. Dann sind Psychohygiene und vertraulicher Austausch gefragt – mit engen Freunden oder mit einem Coach, der hilft, über den Nebel in meinem Kopf hinwegzublicken und wieder klarer zu sehen. Der Gedanke, niemandem irgendetwas beweisen zu müssen, nimmt den Druck.
Von Dir war in den letzten Monaten tatsächlich weniger zu sehen …
Ja, es ist viel im Hintergrund passiert: Ich habe mit zwei Weiterbildungen und Netzwerkarbeit in mich, mein Business und die Initiative investiert und dafür gesorgt, dass unsere Kinder gut durch diese Zeit finden. Nichts, womit ich öffentlichkeitswirksam punkten kann, aber auch keine Selbstverständlichkeiten. Unter normalen Umständen hätte ich für vieles davon deutlich weniger Kapazitäten gehabt.
In Deinem Blog lese ich: „Wir müssen den anfänglichen Zauber, die Begeisterung und Vision wieder neu entfachen! Lasst uns gegenseitig daran erinnern, weshalb wir einst angefangen haben, für das Gute, für die Liebe, für Veränderung … einzustehen!“ Da haben wir jetzt viel zu tun, oder?
Als Coach bin ich kein klassischer Ratgeber, der dem Ratsuchenden eine Strategie für sein Problem vorschreibt. Klar gelten allgemeine Tipps wie „Take it, change it or leave it“ irgendwie immer, aber es wäre viel zu platt. Jeder ist anders, ist von anderen Erfahrungen, Werten, Stärken, Mankos, Leidenschaften etc. beeinflusst. Jeder hat andere Überzeugungen – ob bewusst oder unbewusst – und trifft auf deren Basis seine Lebensentscheidungen.
Es ist wertvoll, diesen auf die Spur zu kommen, mutmachende Glaubenssätze zu stärken und hinderliche umzuwandeln.
Was sagst Du denen, die sich als Opfer der Umstände fühlen, Angst vor Jobverlust haben?
Gefühle von Machtlosigkeit, auch in Bezug auf den Job, basieren mit großer Wahrscheinlichkeit auf früheren Erfahrungen. Genauso hat jeder von uns jedoch auch schon mal erlebt, in schwierigen Umständen seine Frau oder seinen Mann gestanden zu haben. Wir hatten begeisternde Bewegründe dafür, warum wir bestimmte Entscheidungen getroffen haben, hatte Ziele vor Augen, eine Vision, die uns angetrieben hat.
Wie holt man diese zurück in die Gegenwart?
Indem man diese Erfahrungen ausgräbt und sich zunutze macht – gerade dann, wenn man alles infragestellt. Für den einen kann dies dazu führen, einen Neuanfang zu wagen, beruflich völlig neue Wege einzuschlagen. Für jemand anderen, heißt es, die Umstände anzunehmen, Konflikte zu klären, sich mit gutem Input zu füttern, für Ausgleich zu sorgen. Es gibt unzählige Lösungen – so viele wie es Menschen gibt.
Das klingt so ohfamoos zum Abschluss unseres Interviews…
Das ist es auch 🙂 Es ist wichtig, zu begreifen, dass Dinge eben noch nicht am Ziel angekommen sind, solange sie sich mies, gemein oder schrecklich anfühlen. Und, dass sich das Leben allgemein aus Etappen zusammensetzt, die uns charakterlich reifen lassen. Ein gereifter Charakter ist bei weitem wichtiger und hilft uns nachhaltig durch die Höhen und Tiefen des Lebens.
… und dass Hindernisse einfach dazugehören?
Genau. Unsere heutige Denke ist leider viel zu stark davon beeinflusst, dass zu jeder Zeit alles Spaß machen muss und leicht gehen soll. Das ist ein Trugschluss.
Glück empfinden wir am ehesten, wenn wir auch wissen, wie es sich anfühlt unglücklich zu sein.
Daher können selbst Jobsorgen ein wertvoller Anlass sein, um sich auf den Weg zu machen, um Sinn zu finden oder sinnstiftend für andere aktiv zu werden.
Vielen Dank für Deine Antworten!
Beate Pöpsel ist Diplomkauffrau, Systemischer Coach, Karriereberaterin, Encouragement-Trainerin und Gründerin von #sei_ermutigend. In einem BWL-Studium spezialisierte sie sich zunächst auf den Gesundheitssektor, gab später den Themen Personalentwicklung und Potentialförderung immer mehr Raum. Was sie antreibt, beschreibt Beate so: „Wir brauchen in unserer Gesellschaft einen Kulturwandel – weg vom destruktiven, toxischen, entmutigenden Denken & Verhalten. Das gilt für den einzelnen Menschen wie für Organisationen und Unternehmen.“ Dazu möchte sie einen Beitrag leisten, da „Menschen nur in einem ermutigenden Umfeld zu gesunden, gestärkten Persönlichkeiten werden, die mit Engagement und Verantwortungsbewusstsein ihr Potential einbringen.“ Mit ihrer Familie lebt und arbeitet sie in Ratingen bei Düsseldorf.
Fotos: via Beate Pöpsel
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