Ruinieren wir unseren eigenen Lebensraum?
Im Juli 2021 zog ein heftiges Starkregengebiet über den Westen Deutschlands. Aus kleinen Flüssen und Bächen wurden reißende Ströme, die ganze Ortschaften zerstörten. Ruinieren wir unseren eigenen Lebensraum durch Entwaldung, dem Begradigen von Flüssen und Umweltverschmutzung? Sonja erinnert an das Buch „Kollaps“ von Jared Diamond.
Die Tempelruinen von Angkor Wat, die zerfallenden Pyramiden der Maya in Yucatan und die rätselhaften Moai-Statuen der Osterinsel – sie alle sind stille Zeugen von einstmals blühenden Kulturen, die ihren eigenen Lebensraum ruinierten und dann verschwanden. Doch was waren die Ursachen dafür und könnte es uns genauso ergehen?
Warum Gesellschaften scheitern
In „Kollaps: Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“ betrachtet der Physiologe und Evolutionsbiologe Jared Diamond Hochkulturen, die sich durch die Übernutzung der Umwelt und durch falsche Reaktionen auf Umweltveränderungen selbst zerstören. Er beschreibt seine Wahlheimat Montana und die Umgestaltung durch die aktuelle Umweltpolitik. Danach widmet er sich detailliert den Gründen für den Untergang der Polynesier und deren rätselhaften Moai-Statuen auf der Osterinsel. Warum die Wikinger mit ihrem Versuch Grönland zu besiedeln scheiterten. Den Anasazi in Nordamerika und den Mayas und ihren zerfallenden Pyramiden in Yucatan. Und was können wir aus der Geschichte lernen?
Fünf Gründe für den Untergang
Fünf Gründe sind Diamonds Meinung nach für das Scheitern von Gesellschaften verantwortlich: Klimaveränderung, Umweltschädigung und falsche Bodenbewirtschaftung, Überbevölkerung, fehlende Handelspartner und letztendlich die Reaktion der jeweiligen Gesellschaften auf ihre Umweltprobleme. Kommt Euch das irgendwie bekannt vor?
Besonders in Krisenzeiten fällt uns auf, wie unterschiedlich die verschiedenen Länder mit Krisen umgehen. Die weltweite Coronakrise oder die Flutkatastrophen in Deutschland und China sind nur die aktuellsten Beispiele dafür. Auch moderne Gesellschaften oder Staatsformen sind nicht vor einem Untergang gefeilt. Diamonds aktuellstes Beispiel in seinem Buch ist die Sowjetunion. Hierbei muss noch erwähnt werden, dass das Buch im Original bereits 2005 erschienen ist und somit noch kein Bezug zu aktuelleren Krisen heranzieht.
Nicht alles ist Doom and Gloom
Diamond berichtet aber auch von guten Beispielen: z.B. wie Gesellschaften, trotz ungünstiger Voraussetzungen, durch Anpassung überleben konnten. Aus seinen Recherchen versucht Diamond Erkenntnisse für die Gegenwart zu ziehen. Er gibt unseren heutigen Gesellschaften Handlungsempfehlungen, die ökologische Situation der Erde positiv zu beeinflussen. Meines Erachtens eine gute Empfehlung in dem Jahr, an dem wir schon am 29. Juli alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht haben. Der Overshoot Day oder Erdüberlastungstag, beschreibt den Tag, an dem die nachhaltig nutzbaren Ressourcen eines Jahres verbraucht sind. Er wird jedes Jahr vom Global Footprint Network errechnet und verdeutlicht die ökologischen Grenzen des Planeten.
Kollaps im Original
Ich habe das Buch im Original (Collapse: How societies choose to fail or survive, 2005 Erstausgabe) gelesen und deshalb etwas länger für die 540 Seiten gebraucht. Am Anfang ist das Buch ein wenig langatmig, doch die Erklärungen, Fakten und das Detailwissen über die untergegangen Kulturen wiegen das schnell wieder auf. Es ist ein sehr umfassendes Buch und eine absolut interessante, immer noch hochaktuelle Lektüre.
Ich empfehle das Buch jedem, der sich für Anthropologie und Umweltschutz interessiert.
Fotos: Sonja Ohly und Fischer Verlag