Schulterschmerzen? Ursachen und Tipps
Hast du schon mal Schulterschmerzen gehabt? In einer Befragung* von fast 6000 Personen gaben 48% der Frauen und 39% der Männer an Schmerzen in den Schultern zu haben. Damit liegt die Schulter auf Platz drei der schmerzenden Körperregionen. Noch vor dem Rücken. Und das war 2017 – heute in Zeiten von Home-Office dürften Schulterbeschwerden deutlich zugenommen haben… Unsere Gastautorin Anne Stosch kennt die Ursachen von Schulterschmerzen und hat Tipps.
Wenn du über deine Schulter nachdenkst, denkst du vermutlich an ein Gelenk. Ich denke gleich an fünf Gelenke. Denn die Schulter gehört nicht nur zu den beweglichsten Gelenken unseres Körpers, sie hat auch noch viele weitere Besonderheiten. Sie ist ziemlich kompliziert und kann auch ein wenig zickig sein, wenn man nicht gut mit ihr umgeht.
Wir sprechen öfter über die Schulter, als uns vielleicht bewusst ist: Man will nichts auf die leichte Schulter nehmen, Menschen drängen sich Schulter an Schulter und auf manchen Schultern liegt viel Verantwortung. Bewusst wird uns die Schulter vor allem dann, wenn sie weh tut. Zählt man neben Schmerzen in der Schulter noch die im Nacken dazu, wird schnell klar, wie zentral uns Beschwerden im oberen Teil unseres Körpers beschäftigen.
Chronische Schulterschmerzen
Als Physiotherapeutin beschäftigte ich mich häufig damit, denn viele Menschen kamen mit chronischen Beschwerden in Schultern und Nacken in die Praxis. Seit einigen Jahren bin ich selbstständig in der betrieblichen Gesundheitsförderung – und auch hier sind Schmerzen in dem Bereich ein zentrales Thema. Da ich nicht nur im beruflichen Setting Menschen erreichen möchte, schreibe ich ein eigenes, kleines Online-Magazin „Die gesunde Kleinigkeit“. Dort kann man sich noch ausführlicher informieren.
Bevor ich weiter unten Tipps gebe, wie man Schulterschmerzen begegnen kann bzw. wie Du eine schmerzhafte Schulter behandeln kannst, kurz: Wie sehen sie eigentlich aus, die 5 (!) Gelenke der Schulter?
Die Schulter hat 5 Gelenke
Es ist fast ein typisches Kugelgelenk. Naja, nur fast. Wenn du an ein Kugelgelenk denkst, dann hast du wahrscheinlich eine Knochenkugel vor Augen, die in einer Gelenkpfanne sitzt. Die Kugel deines Schultergelenks ist ziemlich groß, denn unsere Arme müssen ja stark sein.
Die Gelenkpfanne allerdings ist recht klein. Den Schulterkopf (die Kugel) kannst du sicher gut ertasten. Die Pfanne liegt so versteckt in der Tiefe, dass du sie nicht finden kannst. Sie ist ein kleiner Teil (ungefähr so groß, wie eine 2€-Münze) deines Schulterblattes und benötigt zur Oberflächenvergrößerung einen festen Faserknorpelring. Der ist so stark, dass daran sogar ein Teil des Bizeps befestigt ist – ein Umstand, den es nicht so oft in unserem Körper gibt, denn normalerweise sind Muskeln an Knochen befestigt.
Vier Rotatoren mit echten Superkräften
Und dann gibt es die starken Muskelfasern der Rotatorenmanschette. Ein starker Begriff, oder?
Ich finde, der Name Rotatorenmanschette könnte auch auf eine Gruppe vier Superhelden passen. Diese vier Rotatoren haben nämlich echt Superkräfte. Sie sind bei jeder noch so kleinen Bewegung der Schulter beteiligt und umschließen den Oberarmkopf wie eine feste Manschette. Alle haben jeweils einen Befestigungspunkt am Oberarmknochen und einen am Schulterblatt. Leider haben sie auch eine Schwachstelle.
So wie Superman schwächelt, wenn er in der Nähe von Kryptonit ist, so schwächelt eine Sehne der Rotatoren, wenn es eng wird im Schulterraum.
Du denkst, die kleine Gelenkpfanne ist ein Nachteil für deine Schulter? Keineswegs. Denn die filigrane Bauweise ermöglicht dir unglaublich große Bewegungsfreiheit. Die Schulter ist das beweglichste Gelenk deines ganzen Körpers. Fast ein Dutzend verschiedener Muskeln, die fünf Knochenteile und viele Bänder, Sehnen und Schleimbeutel sind an der Bewegung der Schulter beteiligt.
Um das zu veranschaulichen, habe ich ein Video über die Funktionsweise der Schulter erstellt. Dauert nur wenige Minuten…
Als kleines Fazit: Richtig viele Knochen sind am Schultergelenk beteiligt und selbst mein künstliches Skelett braucht Schrauben, damit der Oberarm da bleibt, wo er ist. Wir selbst haben natürlich keine Schrauben im Schultergelenk, sondern Sehnen, Sehnenplatten, Muskeln, Bänder, Gelenkkapsel und Schleimbeutel. Sie sorgen dafür, dass einerseits alles an seinem Platz bleibt und andererseits alles gut beweglich ist.
Schulterschmerzen: Wir bewegen uns zu wenig!
Und wo viel ist, kann auch viel kaputt gehen. Oder anders gesagt: Auch wenn unsere Schultern sehr belastbar sind – unser häufig unbewegter Alltag mutet ihnen viel zu. Oft zu viel. Und das nicht, weil wir uns zu viel bewegen, sondern weil wir uns zu wenig bewegen! Die Folge sind Schmerzen in Schulter und Armen, oft richtig heftige und solche, die nicht mal eben schnell „weg gehen“.
Die Ursache von Schulterschmerzen sind nicht immer leicht herauszufinden, aber: Je eher man herausfindet, woran es liegt, desto einfacher kann dir geholfen werden – nämlich in den meisten Fällen mit konservativen Maßnahmen. Hast du Schulterschmerzen oder Steifigkeiten, die länger als sechs Wochen andauern, dann solltest du dir unbedingt ärztlichen oder therapeutischen Rat holen.
Unsere Schulter kann zickig sein!
Ich wiederhole es gern: Unsere Schulter kann zickig sein. Selbst, wenn man weiß, woran es liegt, kann der erste schmerzfreie Tag in weiterer Ferne liegen. Das liegt dann nicht zwangsläufig an der angewandten Methode, sondern daran, wie wir uns im Alltag verhalten.
Überlege mal, wie viele Minuten in der Woche du gut mit deiner Schulter umgehst und wie viele Minuten du sie verspannt hältst, belastest, nicht bewegst.. Und Heilung braucht eben manchmal Zeit. Hab’ also Geduld mit dir und deiner Schulter.
Abschließend meine Tipps, was Du proaktiv tun kannst, um erst gar keine Schulterschmerzen aufkommen zu lassen.
Annes Tipps gegen Schulterschmerzen
- Achte auf eine aufrechte Haltung deines Rückens und deines Kopfes
- entspanne so oft wie möglich deinen Nacken (Schultern runter 🙂 )
- bewege deine Arme oft im vollen Bewegungsausmaß und arbeite an einer Bewegungserweiterung
- dehne deine Schultermuskulatur
- trainiere deine Schultern, deine Brustwirbelsäule und deine Arme (besonders die Außenrotation der Arme und die Muskeln, die deine Schultern nach unten und hinten ziehen)
- arbeitest du im Garten, putzt du Fenster etc. – dann mache rechtzeitig Pausen
Eine Schulter hat ein gutes Leben, wenn sie regelmäßig gekräftigt und gedehnt wird. Dazu gehören dann auch die Muskeln des Nackens, der Halswirbelsäule, des Armes und des Brustkorbes. Das alles gilt auch für den Fall, dass du bereits Schulterschmerzen hast. Allerdings nicht im akuten Zustand. Dann solltest du die Schulter lieber entlasten und ruhigstellen und nur vorsichtig bewegen.
Wichtig ist immer: Arbeite nicht in den Schmerz, sondern erweitere den schmerzfreien Raum Stück für Stück und erobere ihn so zurück. Sei geduldig, sanft und konsequent 🙂
Gastautorin Anne Stosch arbeitet im niedersächsischen Uelzen als Beraterin für betriebliche Gesundheitsförderung. Für ohfamoos berichtet sie gern über gesundheitsbewusste Lebensführung, um noch mehr Menschen zu vermitteln: Es ist bereits so viel Wert, Kraft und Eigenkompetenz in uns selbst angelegt – wir können lernen darauf zuzugreifen. Ihr Basiswissen lernte Anne als Physiotherapeutin, mit den Schwerpunkten Psychosomatik, Orthopädie und Chirurgie. Erweitert hat sie ihre Arbeit mit gewaltfreier Kommunikation und Mediation, denn gerade in der Kommunikation mit anderen und mit uns selbst liegen viele Stressfallen.
*Mehr über die eingangs erwähnte Befragung über Rückenprobleme: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/896807/umfrage/verteilung-von-schmerz-in-deutschland-nach-koerperregion-und-geschlecht/#professional
Und das ist spannend: Eine andere Gastautorin hat über die Wirksamkeit von Braunhirse berichtet!
Super Artikel und soooo wichtig! Und das tollste ist: Um im Schultergürtel (genau wie beim Hüftgürtel) beweglich und flexibel zu bleiben, braucht es nur ganz wenig Zeitaufwand und körperlichen Einsatz! Mit 10 Minuten jeden zweiten Tag sanfter, gezielter Beweglichkeitsgymnastik für diese Gelenke und Bänder kann JEDER Problemen vorbeugen. Sehr empfehlenswert!
Hallo lieber Dieter, vielen Dank für deine Zeilen. Das stimmt: Es ist wenig Aufwand, man muss es nur tun. Doch ist das im Alltag ja manchmal eine ganz schöne Herausforderung. 🙂 mein Artikel hilft vielleicht einigen, sich daran zu erinnern 🙂