Heimatgedanken 2022
Leider nicht zum ersten Mal machen wir uns Gedanken über das Thema, wie es sich anfühlt, seine Heimat zu verlassen. Welche Heimatgedanken kommen 2022 auf? Unsere Gastautorin Michèle Halder ist da Expertin. Sie begann das Schreiben für unseren Blog mit einem Beitrag über das Thema Heimat. Nun haben wir sie gebeten, das nochmal aufzugreifen. Jetzt, wo so viele Ukrainier*innen Zuflucht suchen…
Es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich mir Gedanken über Heimat und Zuhause gemacht. Der Anlass dafür war die Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten, wo ein selbstherrlicher, brutaler Diktator gnadenlos gegen das eigene Volk vorging. Menschen sahen sich veranlasst, ihre Heimat zu verlassen und in einem anderen, fremden Land mit fremder Kultur Schutz zu suchen. Wir haben damals geholfen, so manchem Menschen von dort hier eine neue Heimat zu bereiten. Auch am Rhein, wo auch ich bereits meine Heimat fand.

Der Rhein hat schon vielen Heimat gegeben. Hier eine Momentaufnahme vom Rhein bei Köln.
Jetzt mache ich mir wieder Gedanken um das Thema Heimat. Dieses Mal, weil ein brutaler Diktator das Land in seiner Nachbarschaft angreift und wieder Menschen in einem anderen Land Schutz suchen müssen. Dieses Mal ist jedoch die Bedrohung unserer eigenen Heimat viel näher.
Heimatgedanken: Wie reagieren Menschen auf Krieg?
Nicht nur meine Tochter, 22 Jahre alt und eigentlich in den Startlöchern, ihr Leben auf eigene Füße zu stellen, fühlt große Unsicherheiten für ihre Zukunft. Vielen Jugendlichen wird es ähnlich gehen.
Meine Nachbarn, Eltern eines 7jährigen Sohnes, gerade eben Immobilienbesitzer geworden, fragen sich, ob es für die Zukunft ihres Kindes nicht besser sei, auf die andere Seite des Globus zu ziehen. Dort sei die Bedrohung durch einen Krieg, der nach Europa schwappen könnte, weil ein Mann seine Grenzen nicht mehr respektiert, nicht so existentiell.
Und schließlich der Kommentar einer Frau, deren Nachbarn eine ukrainische Mutter mit Kleinkind bei sich aufgenommen haben: Diese Dame beschwerte sich darüber, dass diese Flüchtlingsbeherbergung nun ausgerechnet neben ihrem Heim stattfinde.
Wie können wir unsere Heimat bewahren?
Von der Tatsache abgesehen, dass ich finde, diese Frau sollte sich zutiefst schämen, stellt sich mir einmal mehr die Frage: Wie können wir unsere Heimat bewahren, wenn wir nicht bereit sind dafür sehr viel zu tun?
Mehr zu tun als die übliche Haus- und Gartenarbeit. Mehr zu tun, als sich nur Gedanken über die eigene Stadt, das eigene Land zu machen. Wir müssen viel größer denken.
Heimat – das ist unser Ort, Land, Kontinent, das ist unser Planet, bewohnt von unserer Familie und unseren Freunden. Die Menschheit, wie wir sie kennen, ist auf der Erde beheimatet. Ein kleiner blauer Planet in der Weite des Universums, der endliche Ressourcen hat. Den wir nicht gedankenlos plündern und beschädigen dürfen. Mehr noch: Unsere Aufgabe ist es, dessen unterschiedlichste Kulturen und Vielfältigkeit zu bewahren und zu beschützen. Auch vor Krieg.
Denn Kriege hinterlassen tiefe Narben auf diesem Planeten, unser aller Heimat.
Kriege fressen finanzielle Ressourcen, die wir besser zu Forschungszwecken einsetzten. Vielleicht um die Ernährung zukünftiger Generationen zu sichern. Oder um unsere Umwelt zu heilen. Um Epedemien zu bekämpfen. Um saubere Energie erzeugen zu können. Ich glaube, ich könnte hier endlos weiter aufzählen. Aber vor allem glaube ich:
Heute ist unser aller Solidarität mit den Menschen, deren Heimat gerade zerstört wird, dringend notwendig.
Helfen wir hier, wo immer wir gebraucht werden und es nötig ist. Für die Zukunft sind wir alle gefragt, politisch zu sein und dafür zu sorgen, dass es immer weniger menschenverachtende Diktaturen gibt. Lasst uns alle zusammen eine Welt gestalten, in der tiefer Respekt vor allem Leben den Gang der Dinge bestimmt.
Wenn dieser Krieg vorbei ist (hoffentlich sehr, sehr schnell), dann müssen wir alles, was in unserer Macht steht tun, um unsere große Heimat – unsere Erde – zu heilen und zu bewahren. Damit sie die Heimat noch vieler Generationen von Menschen sein kann.
Michèle Halder ist eine unserer ohfamoosen Gastautorinnen. Sie lebt in Düsseldorf und hat die ohfamoose Elke kennengelernt, als diese ebenfalls noch in der Landeshauptstadt wohnte. Die beiden haben sich 2015/6 in Angermund für die Flüchtlingshilfe eingesetzt und wussten, was sie an der anderen jeweils hatten. Damals konnten sie syrischen Flüchtlingen helfen, jetzt helfen beide den Menschen in und aus der Ukraine.
Foto: Elke Tonscheidt
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