Paris avec Veronika
Paris. Allein das Wort, insbesondere wenn man es französisch ausspricht, also Parii, erzeugt Lebensfreude. Jedenfalls bei uns, bei Sonja und mir. Nachdem die schreibende Nomadin kürzlich erst in der französischen Hauptstadt war, hat sich nun Elke verzaubern lassen. Ja, sie kannte Paris. Aber nicht so. Und das liegt an Veronika Becker, die passioniert durch „ihre“ Stadt führt. Mit Elke sogar auf dem Fahrrad. Ein Porträt über eine Frau, die Dir auf eine faszinierende Art Paris ans Herz legt. Wer also Paris entdecken mag, der oder die lese weiter!
Veronika? Bist Du’s?
Die blonde Frau mit der schwarz-weiß gestreiften Käppi dreht sich zu mir, verdutzt. Bien sur, sie ist es.
Mitten auf der Straße treffe ich sie, „meine“ persönliche Paris-Begleiterin, die ich für drei Stunden gebucht habe. Ein herrlicher Sommertag an der Seine kündigt sich an, es ist noch kühl für Juli, wir lächeln uns an und wissen: Das wird gut.
Stopp.
Ich könnte jetzt einen Reisebericht machen. Wie toll Veronika Becker uns – mein Sohn war auch dabei – ihre Stadt erklärt. Mit Veronika Paris entdecken. Die Stadt, in die es sie mit 16 schon zog.
Mache ich aber nicht. Ich versuche stattdessen ein Porträt. Auch wenn ich diese Frau nur wenige Stunden kenne. Aber da wir beide beim Abschied dachten, wir kennen uns schon viel länger, versuche ich es. Und wie immer bei ohfamoos, veröffentlichen wir ja nichts, ohne dass die Person, um die es geht, den Text kennt. Es geht ja um‘s Wohlfühlen, nicht um eine schnelle Nummer. Voilà.

Elke Tonscheidt und Veronika Becker an der Seine
Dieses Jahr ist so besonders. Denn 2023 begann für mich eher schleppend. Und im Februar hatte ich Tage, an denen ich fast nicht aufstehen wollte. So sehr drückten mich persönliche Themen rund um Gesundheit, Wasser (im Haus) und den Ukraine-Krieg. Hoffnung schöpfte ich in Bella Italia, bei „meiner“ Angela, der wilden Schote. Ein Kurzurlaub, der zeigte: Es gibt sie (natürlich) noch, die schönen Seiten im Leben. Die Energiebündlerin in mir kehrte langsam wieder zurück.
Et maintenant: Paris!
Und, bien sur, die Stadt kann man auch locker ohne professionellen Guide besuchen. Doch dann gibt mir Sonja Ohly, die andere Ohfamoose, den Tipp: Schau mal bei den Weltfrauen auf Facebook. Da gibt es Veronika Becker. Kurze Zeit später wusste ich: Die buche ich 🙂

Elke Tonscheidt in Paris
Die Info kommt nach dem leckeren Crepe in der kleinen Creperie der Madame, die auch dann nicht freundlich sein wird, wenn Veronika den 1000. Besucher dorthin schleppt … wir sitzen auf grünen Stühlen im wunderschönen Park mit Blick auf den Eiffelturm, mon fils ist mit den Hunden beschäftigt, die in der Sonne rekeln. Auch wir Frauen beschnuppern uns. In unserem Alter hat man schon das ein und andere gesehen …
Meine volle Aufmerksamkeit hat Veronika, als sie mir auch Privates von sich erzählt. Es ist – das verstehe ich aber erst später – eine kleine Auszeichnung. Denn normalerweise erzählt sie darüber nichts. Weil es bei uns aber „gefunkt“ hat, höre ich etwas aus ihrer bewegten Vergangenheit, was mich – positiv – aufhorchen lässt; mir sie noch sympathischer macht.
Meine Freundin Yvonne Hayward würde jetzt sagen: Synchronizitäten! 🙂
Schon im Zoom-Gespräch, das wir vorab führen, um uns „kennenzulernen“, bevor ich nach Paris reise, sind wir uns sehr sympathisch. Da spricht eine Frau aus dem MacBook, die „gestanden“ wirkt und lebendig zugleich. Die für ihr Thema, Paris, brennt. Aber besonnen rüberkommt. Ihren Vorschlag, Paris auf dem Bike zu entdecken, lehne ich erst ab. Die Vorstellung, mich mit Kind durch den Pariser Verkehr zu wuseln, behagt mir nicht. Zu stressig. Aber wenige Minuten später überzeugt mich Veronika. Und das Erlebnis auf zwei Rädern wird: Einmalig.

Mit dem Fahrrad durch Paris – merveilleux!
Eine meiner ersten Fragen an sie, mitten im Marais, lautet deshalb auch:
Warum kommt man nach Paris?
Veronika Becker: „Paris ist ein Magnet. So anziehend, weil Paris eine Bühne ist, auf der wir NOCH schöner sind. Auf der wir aufblühen. Natürlich spielt die Architektur eine Rolle. Aber ganz Paris ist wie ein Kaleidoskop: Die Gerüche, die Atmosphäre, die Mode und ich würde fast schon sagen sogar die Temperatur 🙂 … und auch die Natur! Denn hier gibt es auch davon ganz viel, so tolle Bäume, die vielen Parks. Es kommt immer wieder etwas Neues zusammen, an jeder Straßenecke ist plötzlich ein neues Bild, deshalb das Kaleidoskop.“
Veronika zeigt uns „ihr“ Paris. Natürlich auch die Hot Spots – Notre Dame darf genauso wenig fehlen wie das Musée d’Orsay. Aber eben auch die Ecken entdecken wir, wo sich keine Touristen verirren. „So leer habe ich Paris noch nie erlebt“, sagt sie einmal, als wir mal wieder in ein kleines, menschenleeres Gässchen biegen. Es ist der 13. Juli, der Tag vor DEM Feiertag. „Wer noch nicht in den Ferien ist, nutzt jetzt das verlängerte Wochenende, um rauszukommen“, erklärt Veronika.
Ich, die passionierte Frühaufsteherin, liebe das ganz besonders: Wenn Orte leer sind und genau deshalb ihre volle Wirkung entfalten. Einer von Veronikas Lieblingsplätzen ist im 4. Arrondissement, nahe der Rue St. Antoine.
Dort führen wir ein weiteres Mini-Interview
Veronika: „Dieser Platz ist für mich fast so interessant wie der Eiffelturm. Du hast hier die Kirche St. Paul St. Louis, mitten im Marais. Auf der einen Flanke davon ist die Mittelalter-Festungsmauer, also die ganze alte Mauer aus dem 12. Jahrhundert, die Paris befestigt hat! Und auf der anderen Seite sieht man Häuser, die wunderschön renoviert sind, dennoch aus dem 18. Jahrhundert stammen. Sie sind also alt, sehen aber nicht so aus.“
Elke: Das heißt, hier treffen ganz verschiedene Zeiten aufeinander?
Veronika: „Genau. Und mittendrin dieser Sportplatz mit jungen Menschen, die jetzt Basketball spielen, ganz modern wieder, und ich denke: Niemand ist sich bewusst, in welchen Epochen er gerade unterwegs ist. Und das alles zusammen erinnert mich an den Mille-Feuille – das so typische französische Gebäck mit den vielen, vielen Schichten Blätterteig, gefüllt mit wunderbarer Vanillecreme.“
Elke: Jede Schicht eine Epoche?
Veronika: „Ja. Die Gebäude, die Architektur – und dazwischen die Vanillecreme, gleichgesetzt mit den Menschen bzw. dem Leben, das dazwischenkommt. Und mittendrin die Zukunft, die Basketballer. Hier ist das Universum zuhause.“
Leben und Sterben in Paris
Leben. Während ich über Paris und Veronika Becker schreibe, kommt die Nachricht vom Tod einer Ikone. Gestorben am 17.7.23 in Paris, eine Frau, die nicht nur jede*r in Frankreich kennt, viele sogar verehren: Jane Birkin.
Und wie erfahre ich davon?
Eine WhatsApp von Veronika zeigt mir am Todestag der Schauspielerin plötzlich das Titelblatt der französischen Tageszeitung Libération, die bemerkt: SANS JANE. Ich gestehe, nicht sofort zu verstehen. Jane? Welche Frau meint sie wohl? Ohne Jane, was für ein Titel –diese Jane muss besonders sein, so viel ist klar.
- Am Eiffelturm, kurz bevor er leuchtet…
- Auf der Avenue des Champs Élysées…
Wenig später klärt sich alles. Denn Veronika schreibt mir: „Ich bin sehr berührt vom dem für mich plötzlichem Tod von Jane Birkin. Eine Ikone meiner fast gesamten Lebenszeit.“
Je t’aime … moi non plus
Ich recherchiere ein bisschen im Netz und stoße natürlich sofort auf DAS Lied, das sie weltberühmt machte. Alles klar, diese Jane also ist gestorben. Der Song, den sie zusammen mit Serge Gainsbourg aufnahm – Je t’aime … moi non plus – geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. (Unbedingt mal wieder hören!!!) Und noch in diesem Frühjahr, lese ich, twitterte Jane Birkin aufgrund der Absage mehrerer Auftritte in Paris:
»Ich war immer eine große Optimistin, und ich brauche noch ein bisschen Zeit, um für euch aufzutreten.“ (Jane Birkin)
Leider war ihr das nicht mehr vergönnt.

Vor dem Centre de Pompidou – ein Bauwerk, das Veronika sehr gut gefällt, weil es so vieles nach außen kehrt
Dass Veronika diese engagierte Sängerin verehrte, erschließt sich mir sofort. Und ich freue mich, dass sie ihre Gefühle mit mir teilt. Denn auch Veronika hat davon ganz viel und wer sich jemals für eine Stadtführung mit ihr entscheidet, wird genau das feststellen:
Wie detailliert sie sich vorbereitet, sehr persönlich abgestimmt auf ihre Kunden dann „loslegt“ und ihr Paris zeigt. Gern verkleidet in Fragen wie: „Sag mal, Paul, warum …“ Um dann im nächsten Atemzug zu erklären, um was es konkret geht. So facettenreich und dennoch nicht überladen, dass ich noch Stunden weiter mit ihr hätte verbringen können.
Aber irgendwann heißt es immer Abschied nehmen: Au revoir, Veronika, Du empfindsame Seele, et à bientot! Nous reviendrons, promis!!
Alle Infos über Veronika Becker
Fotos: Elke und P. Tonscheidt
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