Wann fängt das Leben an?
Wann fängt das Leben an? Dazu gibt es ja viele Meinungen. Alle wollen älter werden, aber keiner will alt sein. Udo Jürgens meinte, mit 66 Jahren fängt das Leben an. Dann ist da noch der Witz mit dem katholischen Pfarrer, dem reformierten Pastor und dem Rabbi, die sich darüber streiten, wann das Leben anfängt. (Wer den Witz nicht kennt, muss zu Ende lesen 🙂 ) An diesem Witz ist aber ein Fünkchen Wahrheit dran, denn ich werde jetzt 60, meine Kinder sind aus dem Haus und mein Leben ist einfach nur ohfamoos.
Viele von uns sorgen sich älter zu werden. Das kann man in Zeitschriften und Magazinen nachlesen. Das Thema ist omnipräsent. Viele Frauen, und auch Männer, finden älter werden ja offensichtlich ganz furchtbar. Da geht es um Diäten, den flachen Bauch, das faltenfreie Gesicht, den straffen Po. Man braucht Botox, ein Lifting, feste Oberarme, kein Bauchfett etc. Hallo, geht’s noch? Das ist ja der totale Stress. Entspannt Euch!
Fangt an zu leben!
Ich stehe zu meinem Alter. Ich schwimme total auf der Schiene von Udo Jürgens und dem Rabbi. Ich habe nicht bis 66 gewartet, sondern etwas früher angefangen. Mit 47 Jahren habe ich tauchen gelernt. In Dubai im Sommer bei 45 Grad Celsius sind die 23 Grad auf 30 Meter Tiefe ein wahrer Segen. Ein Sport und Hobby, das sich in heißen Gefilden geradezu anbietet. Man ist in der Natur, auch wenn das für manche befremdlich klingt. Außerdem ist Tauchen ein Sport, den man bis ins hohe Alter ausüben kann.
Mit 50 habe ich Ski fahren gelernt. Nicht so einfach, denn der Speed und der steile Hang können schon ganz schön beängstigend sein. Aber wenn man sich Zeit lässt geht es. Ich erinnere mich oft an meine erste schwarze Abfahrt. Die Etherolla in Thyon (Schweiz). Ich bin ungefähr 30 Mal gestürzt und war danach dann von Blutergüssen übersät, doch es hat mich nicht vom Weitermachen abgehalten.
Unterwasser fotografieren
Dann vor einem Jahr habe ich beim Tauchen auf Elba eine Frau kennen gelernt, die die tollsten Unterwasser Aufnahmen macht. Olga Bingisser, eine Schweizerin, die mit ihrem Team aus der Schweiz auch in Elba tauchen ging. Sie hatte eine Kamera dabei und zeigte mir nach unserem gemeinsamen Tauchgang ihre Bilder. Ich war total fasziniert. So tolle Bilder hatte ich bis jetzt nur in Fachmagazinen und von Profi-Fotografen gesehen. Das wollte ich auch. Also hab ich der armen Olga Löcher in den Bauch gefragt. Was für eine Kamera hast du? Welches Gehäuse? Welche Lampe? Wie lange braucht man, um das zu lernen? etc. Olga gab mir bereitwillig Auskunft und mein einziger Geburtstagswunsch letztes Jahr war eine Unterwasserkamera Olympus GT5.
Ich bekam sie und seitdem bin ich mit ihr unterwegs. Erst in Spanien. Dort gelang mir mit Anfängerglück ein Foto. Dann auf den Kapverdischen Inseln, wo ich schon bessere Fotos produzierte und jetzt in Italien. Als ich meinem Sohn, der auch taucht, ein paar Bilder schickte, meint er: „Holy shit Mom, they are worthy of Geographic International.“ Na, war ich geschmeichelt 🙂
Und noch etwas habe ich in Italien für mich entdeckt. Ich will mich mit diesen gelassenen, lebenslustigen Menschen unterhalten können. Mein Italienisch existiert nicht, ich habe die Sprache nie gelernt. Deshalb habe ich mir vorgenommen, demnächst italienisch zu lernen. Französisch habe ich ja schon angefangen.
Zeit ist etwas sehr Kostbares
Ich habe ja schon mal über die Entdeckung der Langsamkeit geschrieben… und je mehr ich darüber nachdenke, desto wichtiger wird Zeit. Zeit ist kostbar und eines der wunderbaren Dinge, die wir als junge Menschen leider nicht wirklich wahrnehmen und nicht zu schätzen wissen.
Zeit zum Leben
Ich bin froh 62 zu sein. Mit all meinem Wissen, all meinen Erlebnissen, Erkenntnissen und Entdeckungen und allem, was noch vor mir steht. All die Dinge, die ich noch lernen will und für die ich jetzt endlich genug Zeit habe.
So sollte man Alter sehen. Nicht die Falten zählen, sondern die Möglichkeiten, die man als junger Mensch einfach nicht hat. Das Leben ist ohfamoos…weiter so!
Und hier noch der Witz:
Ein katholischer Pfarrer, ein reformierter Pastor und ein Rabbi unterhalten sich darüber, wann denn nun das menschliche Leben beginnt. Der Pfarrer meint überzeugt: “Das Leben als Mensch beginnt natürlich mit der Verschmelzung von Eizelle und Samenzelle, und keine Sekunde später!” Der Pastor macht Einwände, so einfach sei das nun mal nicht! Da fällt ihm der Rabbi ins Wort: “Es ist doch ganz klar – das Leben als Mensch fängt DANN an, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund tot ist! Dann beginnt das Leben!”
Text und Fotos: Sonja Ohly