Die heilende Kraft der Intuition spüren
Kennst Du das? Du vertraust Deiner Intuition – und vieles wird gut. Wie aber lebt man intuitiv? Für die Ärztin Katrin Mikolitch ist das tiefe Wissen in uns, die Weisheit unseres Körpers, nicht nur faszinierend; in ihrer Düsseldorfer Praxis arbeitet sie daran, Menschen wieder näher an ihre Seelen heran zu bringen. Dabei geht es ihr um Balance, Heilung und eine andere Ebene des Verstehens. Denn ihr ist klar: „Intuition hat nichts mit Gefühlen, Sehnsucht oder Instinkt zu tun!“
Elke hat Katrin, die Menschen daran erinnern möchte, was und wer sie wirklich sind, befragt.
Intuition ist unmittelbar, ich folge einer Eingebung ohne mein Handeln vorab zu reflektieren. Du beschäftigst Dich mit energetischer Intuition, was ist das?
Es ist ein tiefes Wissen in uns, was einfach vorhanden ist und zu dem wir einen Zugang finden können. Oder besser gesagt, wofür wir eine Öffnung entwickeln können. Es ist kein „nach etwas Greifen“, sondern empfangen – und dazu braucht man zuallererst Vertrauen. Oft vertrauen wir unserer Intuition, unseren inneren Bildern oder Eingebungen, jedoch nicht. Und das, obwohl sie richtig sind…
Das empfinde ich gut nach, nur warum?
Weil wir dazu keine unmittelbare Erklärung haben. Der Verstand ist da anders gestrickt: er ist ein Werkzeug aus der Dualität, der aus der Vergangenheit Lösungen für die Zukunft findet. Er ist auch gleichwertig zur Intuition; doch durch den Verstand (er)leben wir unser Leben anders. Vertrauen wir unserer Intuition und unserem Spüren, entstehen Situationen oder Erlebnisse, die unglaublich bereichernd oder heilsam sein können.
Hast Du dafür ein Beispiel bitte?
Da gäbe es viele aus der Praxis. Wenn Menschen bemerken, dass belastende Erkrankungen oder Beschwerden nicht mehr auftreten, weil sie angefangen haben, ihrer inneren Stimme zu vertrauen und sie dadurch ihr Leben grundlegend geändert haben. Man z.B. intuitiv ein gutes Jobangebot ablehnt, obwohl der Verstand klar sagte: Der ist gut bezahlt: Nimm ihn! Und man erst viel später versteht, warum nicht und auch einen viel stimmigeren Arbeitsplatz anderweitig bekommen hat.
Der Verstand plant anders. Sind intuitiv erlebte Situationen mit einem Spüren der Seele verbunden?
Ja. Das kann auch verknüpft sein mit einem spirituellen Weg. Wenn wir ihn gehen, können wir erfahren, dass es viel einfacher, effektiver und schneller ist, intuitiv Lösungen oder Antworten auf Fragen zu finden. Es ist auch ein Spüren, was unsere Seele möchte und das, ohne in einer Wertung oder Beurteilung zu sein, was wohl dabei herauskommt. Die Intuition, das Wissen oder das Bild darin, ist immer subtil und unmittelbar. Es kann oft nicht direkt bewiesen oder erklärt werden. Es schenkt uns ein Wissen aus einer anderen Ebene.
Eine andere Ebene… Verstandsgeprägte Menschen werden das unheimlich finden, nehme ich an. Brauchen wir in unserer Gesellschaft aber nicht gerade beides?
Und wie! Nur dass wir in unserer Gesellschaft nicht erlernen, auf Impulse aus anderen Ebenen zu hören, weil der Verstand, der Intellekt, das Erklärbare, die Wissenschaft sehr hoch oder auch überwertig angesehen werden. Die meisten Kinder können energetisch spüren – es wird aber nicht gefördert, sodass viele leider immer weniger auf ihre Wahrnehmungen vertrauen. Für mich ist es auch kein Fühlen, sondern vom Begrifflichen her ein Spüren.
Wie unterscheidest Du das?
Das Fühlen hat für mich mit Gefühlen zu tun und das Spüren ist das, was passiert, wenn ich in inneren Wahrnehmungen bin und darin auch intuitiv erfahren kann. Die Intuition hat nichts mit Gefühlen, Sehnsucht oder Instinkt zu tun!
Stichwort Sehnsucht – die nach Einfachheit und Freiheit empfinde ich momentan als besonders groß. Die Suche nach der eigenen inneren Stimmigkeit; nach dem, was wahr ist. Parallel haben wir es aber mit immer mehr Fake News zu tun. Ganz schön anstrengend sich da zurechtzufinden, oder?
Davon höre ich immer wieder. Die Stimmigkeit kann man aber nur im eigenen Inneren finden, nicht in äußeren Strukturen. Ich bin immer sehr vorsichtig, Ereignisse oder Sachverhalte oder Dinge, die Menschen tun, zu beurteilen. Da kann man schnell einsortieren in gut oder schlecht, richtig oder falsch. Ich finde es viel bereichernder selber zu spüren und ein Ereignis selber – auch intuitiv energetisch – wahrzunehmen. Oft versteckt sich hinter einem Ereignis, auch scheinbar negativen, etwas ganz anders. Oder etwas Wunderbares. Auf jeden Fall oft Überraschendes!
Menschen suchen, brauchen viel Sicherheit – gerade in einer Welt, wo Wechsel und Wandel groß geschrieben werden…
Sicherheit finden wir, wenn wir ganz ‚bei uns’ sind. Zum Beispiel im Kontakt zu seiner Seele zu sein, eine spirituelle Verbindung in ein eigenes Glaubenssystem zu finden – und zwar auch unabhängig oder frei zu äußeren z.B. kirchlichen Formen. Spiritualität ist extrem vielfältig und das ist auch gut so. Die Sicherheit kommt, wenn wir spüren können, wer wir sind. Auch jenseits der menschlichen Form oder des Körpers. Dort ist für mich die Beständigkeit, die auch jenseits unseres Todes oder des Wechsels und Wandels weiterbesteht.
In Deinem Blog berichtest Du davon, in Deiner Praxis Menschen „in allem zu sehen, was sie sind. In den vielen Ebenen ihres Seins.“ Das ist bestimmt überwältigend.
Das stimmt. Vor allem ist es für mich immer berührend und bewegend! Ich finde Menschen so schön beim Wahrnehmen ihrer Seele, der Gefühle, der Potentiale, der Fähigkeiten und wo es in die Heilung hinführen kann. Wir alle werden übrigens nicht richtig oder ganz gesehen.
Wir sehen uns halb?
Noch nicht mal halb! Unser Bild von uns selber oder wie wir andere sehen, ist auch davon geprägt, welches Bild uns von außen vermittelt wurde – z.B. durch unsere Eltern in der Kindheit. Du glaubst nicht, wie wenig liebenswert oder wertvoll sich Menschen selber oft empfinden. Es gilt, Menschen daran zu erinnern, was und wer sie wirklich sind. Das kann ich, in dem ich sie an ihre Größe und Schönheit erinnere. Vor allem, wie liebenswert sie sind, indem ich sie wirklich sehe und vollständig annehme, so, wie sie sind. Das kann sehr heilsam sein.
Du sprichst das Thema Heilung an, noch so ein vielschichtiger Begriff – was sind Wege der Heilung?
Da könnte man jetzt Bücher darüber schreiben. In meiner Praxis sind es vielleicht Wege aus der Dualität und dem Schmerz hinaus, in eine andere Bewusstseinsebene jenseits des Schmerzes. Näher wieder an die Seele heran. Wenn wir mit Lebensfragen oder Krankheit konfrontiert sind, dann führe ich in die Balance und immer in andere Ebenen des Verstehens, in die Weite, Freiheit und Selbständigkeit. In das Spüren der eigenen inneren Weisheit.
Du meinst, wir sollten schwierige Phasen in unserem Leben eher dankbar annehmen als Angst vor ihnen zu haben?
Erlebnisse wie Tod, Trauer oder Krankheiten gehören existentiell zu unserem Leben dazu. Davor haben wir Angst. Meine Erfahrung ist, dass gerade schwierige Phasen unglaubliche Geschenke für unser Leben entwickeln können. Wenn man sie bewusst mit viel Vertrauen und Demut lebt und vielleicht auch mit einer Begleitung von außen.
… wo wir wieder beim Thema Angst sind…
Ja, das macht natürlich Angst. Darin liegt aber gerade die Gnade der Transformation. Dass eine vollkommene Offenheit entsteht und wir durch die Auflösung uns dann neu zusammensetzen können, ja oft müssen. Das alles ist in keinem Falle angenehm. Oft furchtbar oder eng. Und ich wünsche es auch keinem, aber jeder Mensch erlebt das in seinem Leben! Ich ja auch. In meiner Praxis begleite ich z.B. Mütter, die ihr Baby verloren haben oder Menschen, die mit lebensverändernden Krankheiten konfrontiert sind. Das erschüttert oft bis ins Mark. Eine Zeitlang stellen wir uns Lebensfragen: Wer bin ich? Was ist nach dem Tod? Was ist mir wichtig im Leben? Eine Hinwendung zur ganz eigenen Spiritualität fällt dann leicht.
Mit welcher Wirkung?
Es erweitert unsere Lebenssicht. Und das ist oft im Nachhinein mit großer Dankbarkeit verbunden, wobei die Trauer über die Erfahrungen oder den Verlust auch bleibt. Aber eben auch Dankbarkeit als Zeichen, dass Heilung passiert ist.
Viele Leser/innen von ohfamoos kennen den markanten Punkt der Lebensmitte. An dem wir uns fragen: Wie möchte ich eigentlich leben? Wie unterstützend kann energetische Intuition da sein?
Oh, sehr hilfreich. Sie schafft gerade den Raum und die Möglichkeiten in eine ganz offene Inspiration zu kommen. Die Intuition, die verbunden ist mit unserer Seelenebene, kann zu einer sehr hohen Erfüllung führen, wo unsere Sehnsucht vollkommen gestillt wird. Oft sind das ganz ungewöhnliche Wege, die aber der Verstand nicht versteht oder wählen würde. Und das ist ganz großartig! Wenn wir mit unserer Lebenserfahrung der Lebensmitte gleichzeitig eine Öffnung intuitiver Art schaffen, kann das Leben sehr intensiv erfüllend werden. Und wir bereuen am Ende unseres Lebens nicht die vielen ungenutzten Chancen.
Das hört sich intensiv, aber auch herausfordernd an. Kann man das im Alltag üben?
Sicher. Ich bin immer für eine praktische Anwendbarkeit. Vielleicht könnten die Leser das einmal ausprobieren. Hier eine kleine Übung:
Du kommst in einen Raum mit unbekannten Menschen. Jetzt bitte inne halten, bewusst ein und aus atmen, vielleicht wie in einer Meditation still werden und spüren: wie ist die Atmosphäre, die Energie der ganzen Gruppe oder einzelner Menschen? Wie ist die Stimmung? Und das wertfrei aufnehmen und dabei auf alle inneren Bilder, Gefühle achten. Aus dem Stillsein dann intuitiv wählen, mit wem man sprechen oder Kontakt machen möchte. Seinem Impuls vertrauen, auch, wenn der Verstand sagt „Ach, das traue ich mich nicht“ oder „Den kenne ich doch nicht“… Mal sehen, was dann passiert!
Ich nehme an etwas Ohfamooses… Danke für dieses tiefgehende Interview!
Das Interview führte Elke Tonscheidt.
Mehr über Katrin Mikolitch!
Übrigens, DIE ZEIT hat das Thema Intuition im Juli zum Titelthema gemacht: Die Macht des Bauchgefühls. In dem differenzierten Artikel kommen sehr unterschiedliche Sichtweisen über die Intuition zum Ausdruck. Lesenswert.
Fotos: via Katrin Mikolitch / Elke Tonscheidt