Wie sieht unsere Jugend die Zukunft?
Die Jugend wird ja im Moment oft bemüht und zitiert. Während der Corona-Lockdowns mussten Jugendliche auf vieles verzichten und wurden durch die Maßnahmen der Bundesregierung schwer in ihrem normalen Lebensrhythmus eingeschränkt. Nun gibt eine Studie im Auftrag des Bankenverbandes neue Einblicke über die Situation der Jugendlichen.
Ich habe es bei meinen Nichten und meinem Neffen deutlich gespürt. Sie waren während der letzten 18 Monate komplett genervt: vom Online Unterricht, den diversen Lockdowns, den geschlossenen Kneipen, der sie vernachlässigenden Politik. Im Leben eines Teenagers oder jungen Erwachsenen sind 18 Monate eine sehr lange Zeit. Es geht um anderthalb Jahre in einer Lebensphase, von der viele Ältere sagen, es sei die beste Zeit ihres Lebens gewesen. Für die heutigen Jugendlichen geht es um anderthalb Jahre, in denen sie in der Schule, an der Uni oder in der Freizeit ihre Freunde nicht einfach treffen konnten.
Und doch sind sie scheinbar nicht verzweifelt. Das bestätigt eine neue Studie* des Bankenverbandes. Darin geben 85 Prozent der Befragten im Alter von 14 bis 24 Jahren zwar an, dass die Politik sehr wenig bis wenig in der Pandemie für sie getan habe und 82 Prozent fühlten sich im Vergleich mit älteren Menschen benachteiligt. Aber allem zum Trotz schauen junge Menschen wohl optimistisch in die Zukunft. Ganze 83 Prozent sind zuversichtlich, 87 Prozent geben an, mit ihrem Leben eher zufrieden zu sein.
Sorgen um die Zukunft
Aber es kommen auch Sorgen zum Ausdruck: So äußern vier von zehn Befragten (44 Prozent), dass sie ihre Zukunftschancen durch die Pandemie etwas (36 Prozent) bis stark (8 Prozent) beeinträchtigt sehen.
Die jungen Deutschen haben seit Beginn der Pandemie erstaunlich viel Geduld mit der Politik bewiesen. Sie haben Verständnis dafür gezeigt, wie langsam und schlecht die Bildungssysteme der verschiedenen Bundesländer die Digitalisierung von Unterricht und Prüfungen für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende umgesetzt haben.
So zeigt die Studie auch, was von den Jugendlichen angeprangert wird, nämlich die ökonomische Bildung. Laut der Jugendstudie wünschen sich nahezu drei Viertel der Teilnehmenden mehr Informationen über wirtschaftliche Zusammenhänge in der Schule. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) fordern die Einführung eines eigenen Unterrichtsfachs Wirtschaft.
„Jugendlichen fehlt ohne ausreichende Wirtschafts- und Finanzbildung das nötige Rüstzeug, um die Welt und den Alltag zu verstehen. Es sollte Aufgabe der Schule und dort nicht zuletzt der ökonomischen Bildung sein, dieses Wissen zu vermitteln, um Jugendlichen die bestmöglichen Chancen für einen erfolgreichen Berufsstart an die Hand zu geben,“ sagt Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Krautscheid, bei der Vorstellung der Studie.
Die Studie des Bankenverbandes weist auch darauf hin, dass bei den Befragten eklatante Wissenslücken auftreten. So wussten 86 Prozent der Teilnehmenden nicht, wie hoch die derzeitige Inflationsrate in Deutschland ist. 83 Prozent konnten die Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht benennen.
„Diese Bildungslücken sind alarmierend und zeigen deutlich, dass Wirtschafts- und Finanzthemen einen höheren Stellenwert in den Lehrplänen erhalten müssen. Die nächste Bundesregierung hat an dieser Stelle einen Auftrag zu erfüllen“, so Krautscheid.
Es ist daher auch durchaus verständlich, warum Erstwähler bei der Bundestagswahl der FDP ihre Stimme gaben. In ihrem Wahlprogramm wurden die Themen Digitalisierung, Bildung und Wirtschaft stark thematisiert.
Eine weitere Studie gibt Einblicke
Ebenfalls interessant ist die Studie „Jugend und Corona in Deutschland“ von Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann. Im Rahmen dieser Studie wurden 14- bis 39-Jährige in Deutschland befragt, welche Wünsche sie an die Politik in Deutschland haben.
Die Antworten decken sich mit unseren eigenen Erfahrungen und Interviews mit Jugendlichen. Gewünscht werden mehr politische Beteiligung, eine Modernisierung von Schulen und Schulsystem, sowohl was die digitale Infrastruktur als auch was die Lehrpläne und das entsprechend ausgebildete Lehrpersonal angeht. Die Jugend heute wünscht sich eine ambitioniertere Klimaschutzpolitik, ein Umbau zu ökosozialem Wirtschaften, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten; sowie eine bessere Förderung des gesellschaftlichen Miteinanders.
Jugendliche wünschen sich mehr Ehrlichkeit und Authentizität bei Politikern und Politikerinnen, sowie die aktive Einbindung der Bevölkerung in den politischen Diskurs und eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse der jungen Generation.
Meiner Ansicht nach nicht wirklich utopisch und durchaus nachvollziehbare Wünsche. Aber noch haben wir keine neue Bundesregierung.
Wir von ohfamoos hoffen, dass die Wünsche der Jugendlichen eine Mehrheit im Bundestag erhalten.
* Die repräsentative Befragung der Stimmungslage und ökonomischen Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat das Forschungsinstitut Kantar im Auftrag des Bankenverbandes durchgeführt. Im Juli 2021 wurden dafür 700 Personen im Alter von 14 bis 24 Jahren telefonisch befragt.
Fotos: Bankenverband (Kantar), Statista (Infratest Dimap)