Corona-Warn-App: Was alles passiert ist!
Kürzlich habe ich mal wieder gezoomt. War ja eine Zeitlang ständig angesagt, mittlerweile darf man sich Gottlob wieder „richtig“ sehen. Zum Zoom-Meeting hatte Sonja und mich der ohfamoose Gastautor Martin Reents, ein Freund aus alten Start Up-Tagen, eingeladen. So bekamen wir einen kleinen Einblick ins deep learning. Parallel dazu habe ich in den vergangenen Wochen digital viel aufgeräumt – und erstaunliche Mails gefunden!! Als ich nun hörte, dass heute, am 1. Juni 2023, die Corona-Warn-App so gut wie passé ist (ich hatte sie schon vergessen), dachte ich: Jetzt nehme ich Euch mal mit in meine Reise zurück in die Zukunft bzw. back in die abstruse Coronawelt 🙂

Zoom-Meeting im Mai 2023 – da war die Corona-Warn-App schon Legende
Alles ging plötzlich nur noch über Zoom
Wie ich schon schrieb: Was haben wir nicht alles via Zoom oder anderer Online-Meeting-Angeboten erledigt? Geburtstage (es begann mit meinem eigenen im März 2021), Schulunterricht, Omas trafen ihre Enkel im Netz, Business-Meetings gingen plötzlich auch ohne teure Geschäftsreisen. Einiges klappte erstaunlich gut – wie z.B. auch unsere zwei ohfamoosen Unkonferenzen, die wir einem anderen Gastautoren, Detlef Untermann, zu verdanken haben, der uns den Impuls gab, wenigstens online weiterzumachen.
Das Meiste aber war: Ätzend. Tränenreich (Kinder). Oder schlichtweg lückenhaft, weil ständig irgendeine Verbindung abbrach.
„Ich glaub die Vera hat sich gerade verabschiedet.“ „Ach, da isse ja wieder. Oder, hallo? Vera, kannst Du uns hören?
Als die Grundschüler*innen im Kölner Westend – kein Veedel, wo man alte, gebrechliche W-Lan-Netze vermuten würde – an einem Montag alle online vor ihren Geräten saßen, passierte vor allem das: Die meisten sahen sich, wenn überhaupt, für ein paar Minuten, dann war Schluss mit lustig. Sprich: Die Netzkapazität war erreicht und aus die Maus.
Und viele Politiker meinten: Ist doch alles nicht so schlimm
Ich habe viele tolle Meetings gehabt, ob über Zoom, Skype oder Go-to-meeting. Ich habe mich gefreut, dass viele Verbindungen wenigstens so stabil blieben. Aber ich habe es gehasst zu sehen, wie viele Kinder dahinvegetierten, vor allem, die, die keine Unterstützung zuhause hatten, weil Mama und/oder Papa ebenfalls online an einem Gerät hingen, um ihrer Arbeit nachzugehen. Und ich habe die Politiker*innen verachtet, die meinten, das wäre doch alles nicht so schlimm.
Doch, es war schlimm. Und wenn ich eines aus dieser verdammten Zeit positiv verbuche, dann ist es das:
Ich bin megastolz darauf, dass ich es geschafft habe, mein Kind so durch die Zeit zu bugsieren, dass es keine größeren Schäden mitbekommen hat.
Und ich anerkenne die Leistung so vieler Eltern, die das auch geschafft haben!

Wer hat nicht auch noch Masken und Selbsttests in der Schublade?
Wer jetzt noch Lust hat weiterzulesen, es wird lustig bis skurril. Denn ich habe tatsächlich mal einige der Mails von damals wieder gelesen. Ich wollte mich zurückversetzen in diese schräge Zeit, wo man sich manches Mal fühlte wie von Wahnsinnigen umgeben. Und wo man auch selbst manchmal wahnsinnig war 🙂
Am Tag des „Corona Warn-App Stillstandes“ erinnere ich an:
- Eine Mail des Lebensgefährten meiner Mutter, der schrieb:
„Guten Morgen allerseits,
Eure Mutter hätte nächste Woche beim Hausarzt einen Termin bekommen können, allerdings mit Astra und das möchten wir beide nicht. Ich habe uns beide online registriert (zusammen), ich werde am Montag mal schauen, ob ich online was erreichen kann, ansonsten werden wir es telefonisch versuchen. Parallel noch mal den Hausarzt kontaktieren. Mehr kann man momentan glaube ich nicht tun, außer penetrant alle nerven 😉. Euch ein schönes Wochenende.“
Und sofort erinnere ich das ganze Theater bei und mit Ärzten, die nicht selten selbst hoffnungslos überfordert waren…
- Meine Mail an meinen Vater:
„Lieber Papa,
Du hattest ja gestern gefragt, wie es läuft – was ab nächster Woche sein wird, wissen wir nicht. Ich erwarte heute eine Meldung der Schule.
Sohnemann ist weiter gut drauf, er hat ja uns und seine Freunde in der Straße. Die Motivation für Online-Unterricht ist nicht groß ausgeprägt, aber auch das werden wir schaffen 🙂
Mehr gibt es zum Thema Schule leider noch nicht zu sagen 🙁 “
Und sofort erinnere ich all das Chaos, was an Schulen wie zuhause in den Kinderzimmern und Küchen dieser Welt los war. Unmut. Ärger. Geschrei. Weinen. „Ich will das nicht“ waren noch die schönen Formulierungen…
- Eine Mail einer Grundschullehrerin im April 2021.
Sie war die 4. Lehrkraft innerhalb eines Jahres für unser Kind und seine 4. Klasse, weil die ehemalige, mittlerweile verstorbene Klassenlehrerin krank verschwand.
„Liebe Eltern,
ich hoffe, Sie hatten schöne Ostertage und konnten sich in der schulfreien Zeit gut erholen.
Gestern Abend teilte das Schulministerium, auch für uns überraschend, mit, dass der Unterricht für alle Schüler*innen der Primarstufe sowie der weiterführenden Schulen ab Montag, dem 12. April 2021, eine Woche lang ausschließlich als Distanzunterricht stattfinden wird. Die Landesregierung hat dies insbesondere vor dem Hintergrund der nach dem Osterfest weiterhin unsicheren Infektionslage entschieden.
Zudem wurde eine grundsätzliche Testpflicht mit wöchentlich zweimaligen Tests für Schüler*innen, Lehrkräfte und weiteres Personal an den Schulen erlassen.

So sah es fast ständig zuhause aus: Hausaufgaben, gern mit Freunden zusammen am Wohnzimmertisch.
Hierzu hat die Landesregierung alle notwendigen Maßnahmen getroffen. Der Besuch der Schule wird damit an die Voraussetzung geknüpft, an wöchentlich zwei Coronaselbsttests teilgenommen zu haben und ein negatives Testergebnis vorweisen zu können. Die Pflicht zur Durchführung der Selbsttests wird für die Schülerinnen und Schüler in der Schule erfüllt. Alternativ ist möglich, die negative Testung durch eine Teststelle nachzuweisen (Bürgertest), die höchstens 48 Stunden zurückliegt. Schülerinnen und Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen.“
Und sofort ist alles wieder präsent, was wir damals hinnehmen mussten, was an unausgegorenen Anweisungen aus den Schulministerien kam. Einer meiner Beiträge von damals zeigt, wie genervt ich in dieser Situation war. Und ich könnte jetzt noch viele Mails anfügen, auch wie sich Eltern untereinander keilten oder wie Kinder sich zurückzogen, aus Angst, Scham oder schlichter Überforderung. Auf die warmen Worte vieler Politiker*innen hätte wir damals, glaube ich, alle gern verzichtet.
Ich weiß, auch Politiker*innen sind Menschen, die nicht Bescheid wussten, aber sie hatten andere Quellen, um sich zu informieren.
Und vor allem sollten sie sich dann zurückhalten, wenn sie nichts wissen und nicht den schlauen Max markieren.
- Die Mail eines stv. Schuldirektors:
„Liebe Eltern,

Corona-Warn-App: Hatten wir jemals den wirklichen Überblick?
im Padlet finden Sie und Ihre Kinder nun den Arbeitsplan für Montag und Dienstag. Ich freue mich sehr auf die XY-Klasse und bin sehr froh darüber, dass alle wieder am Wechselunterricht teilnehmen. Die Kinder wurden daran erinnert Wäscheklammern oder Duplosteine mitzubringen, um die Tests durchzuführen. Ich bin gespannt. Aber auch das werden wir ohne Probleme und hoffentlich mit Humor meistern.
Von Donnerstag bis Montag findet das Programm „Mut tut gut“ statt. Wir wissen noch nicht an welchen Tagen bei uns jeweils die rote und grüne Gruppe drankommen. Es handelt sich dabei jeweils um einen ganzen Schultag. Zur Erinnerung: die grüne Gruppe wäre diese Woche Freitag wieder dran im Wechselunterricht.
Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass Sie mit Ihren Kindern nochmal über die Situation sprechen, falls ein positives Ergebnis bei einem Kind herauskommt. Es ist wichtig, dass wir zusammenhalten und keinem Kind Vorwürfe gemacht werden.
Vielen Dank für Ihr Durchhaltevermögen. Kontaktieren Sie mich gerne, falls Sie Fragen haben.
Manche Kinder und Eltern haben bereits meine Handynummer. Eigentlich versucht man das ja zu vermeiden. Da ich Ihnen und den Kindern aber vertraue und ein gutes Gefühl habe, möchte ich allen meine Nummer geben. Manchmal geht das schneller als E-Mails schreiben. Ich glaube der persönliche Kontakt ist im Moment wichtig und unvermeidbar. Geben Sie meine Nummer bitte nicht weiter. Wenn Sie mich nicht sofort erreichen, schreiben Sie mir doch eine SMS.
Und sofort bin ich wieder so dankbar, so warmherzige Lehrer*innen kennengelernt zu haben. Die zumindest versucht haben zu kompensieren, was andere vermasselt haben!
- Meine Mail an Melanie Blankenstein in Sydney im April 2021:

Elke mit zwei Masken – irgendwie musste es ja weitergehen 🙂
„(…) Ja, wie geht es uns? Paul hat seit über einem Jahr nun keine richtige Schule, das zu schreiben, macht mir immer noch ein Gefühl, als würde ich träumen… Die wenigen Male, wo Schule stattfand, war meistens auch irgendwas. Nachmittagsbetreuung sowieso passé, Masken erst nur beim Eintritt ins Schulgebäude, dann während des Unterrichts nicht, später dann doch, Einteilung in Gruppen, dann zwischendurch mal ganz, ganz zaghaft Online… Dann wieder eingestellt, insgesamt gab es in den Monaten Oktober bis Februar 4 Klassenlehrer, weil die eigentlich zuständige plötzlich und ohne sich zu verabschieden weg war.“
Über die Impfbrücke in Wuppertal und das Fitness-Studio in Köln
Ich könnte jetzt noch an andere Irrungen und Wirrungen auzählen. An die „Impfbrücke für Wuppertal“, die – gerade eingerichtet – dann „bis auf Weiteres keine neuen Meldungen mehr aufnehmen kann und daher geschlossen wird“. Grund: „Der Andrang der Impfwilligen war so groß, dass es in den kommenden Wochen angesichts von über 3000 Meldungen keine realistische Impf-Perspektive gibt.“
Oder über das Riesen-Engagement meiner Yoga-Lehrerin Jennifer Lauter, die in der anfänglichen Coronazeit, die ja auch alle Sportstudios empfindlich traf, sogar morgens um 6 Uhr in der Früh über Zoom Angebote hatte. Auch wenn es ihr selbst nicht gut ging, versuchte sie, Frühaufsteher*innen Bewegung zu verschaffen. In einem Mailing an ihre Kund*innen hieß es viel später:
„Liebe Fisico- Sportler/innen,

Jennifer Lauter, Fisico Köln
ich hoffe, es geht euch gut und ihr seid akzeptabel durch diese spezielle Zeit gekommen! Endlich entwickeln sich die Inzidenz-Zahlen in eine Richtung, die uns auf eine Öffnung hoffen lassen!
Wir dürfen tatsächlich ab einer stabilen Inzidenz unter 50 (5 Werktage unter 50 und dann kommt am übernächsten Tag die amtliche „Erlaubnis“ der nächsten Öffnungs-Stufe) wieder gemeinsam drinnen Sport machen!!!!
Das wäre, wenn jetzt wirklich alles glatt läuft, ab nächster Woche. Ich bereite jetzt alles emsig vor und werde den Juni als „Übergangs-Monat“ nehmen. Das heißt, es werden noch keine Beiträge gebucht- außer die Online-Kurs-Beiträge meiner online-Sportlerinnen, sofern sie im Juni weitermachen. Ich werde versuchen, im Laufe des Monats auch wieder Präsenzunterricht anzubieten, dies wird wohl in einer „Hybrid- Form“ sein. Nähere Infos kommen.“
Mein Fazit: Es ist mehr als gut, dass diese Coronazeit hinter uns liegt und nunmehr auch die Corona-Warn-App schläft. Möge sie niemals wieder aufwachen müssen!
Und so reagiert ein Virologe darauf, dass die Corona-Warn-App nun keine Bedeutung mehr hat:
Fotos: Elke Tonscheidt und pixabay
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