Ist Dein Eimer voll?
Das Schuljahr in Australien endet kurz vor Weihnachten. Meine Kinder bringen allerhand Zeugs mit nach Hause. Alle Schul- und Arbeitsbücher des letzten Jahres (die übers Jahr in der Schule bleiben), jede Menge Weihnachtskarten, Stifte, verloren geglaubte Brotdosen mit lebender Wurstkultur, usw. Der Kofferraum war randvoll.
In dem ganzen Wust fällt mir eine kleine Papierschachtel auf. So eine, die man beim Schnell-Chinesen bekommt. Mit Drahthenkel. Meistens ist in solchen Schachteln nicht viel drin, was Freude macht. Doch heute staune ich nicht schlecht. Beide meiner Kinder sind nämlich fleißige Bucket Fillers geworden.
Was ist das? Jedes Kind bastelt am Anfang des Schuljahres einen Bucket (Eimer), worin es Nettigkeiten von Klassenkameraden und Lehrern über das Jahr hinweg sammelt. Dieser Eimer steht im Klassenzimmer auf dem Fensterbrett und jedes Kind (oder Lehrer) kann einem anderen Kind eine Nettigkeit zukommen lassen.
Ich staune nicht schlecht, als ich mich durch die kleinen Zettel wühle. Um beim Bild des schnellen Chinesens zu bleiben: Es erinnert mich irgendwie an: Glückskekse essen und die darin versteckten Zettelchen lesen. Man möchte immer mehr Notizen finden, denn ein jeder der kleinen Zettel bringt ein breites Grinsen auf mein Gesicht. Lese ich doch, wie schön die Eigenschaften meiner Kinder sind: humble, true friend, helpful, funny. Ich bin beeindruckt über die Fähigkeit und die Unvoreingenommenheit der jungen Schüler, ihre Gefühle auszudrücken.
“Ja klar, das ist mein Eimer. Ich habe ganz viele Zettel.”
Für meine Kinder ist das Thema schnell besprochen. Während ich noch mit dem Eimer beschäftigt bin, geht ein weiterer glücklicher Tag meiner Kinder zu Ende. Soll ich ihnen sagen, dass ein solches Geschenk nicht selbstverständlich ist?
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!
Das eine ist, solche kleinen Nachrichten zu bekommen; das andere ist, diese schreiben zu können. Kurz und knapp ohne viel drumherum. Hand aufs Herz: wann hast Du das letzte Mal Deinen Freunden gesagt, was Du an ihnen schätzt? Verpassen wir doch im Alltag oft die Chance, unseren Mitmenschen zu sagen wie toll sie sind und warum.
Und die Mär von der Geschicht? Ich würde am liebsten auch einen Eimer aufstellen. In der Küche, im Büro. Oder einen basteln und verschenken. Auf jeden Fall ein Experiment wert und eine schöne Idee, oder?
Wie es sich übrigens mit einem leeren oder vollen Bucket anfühlt, wird in dieser Geschichte sehr anschaulich erzählt.
Text und Fotos: Melanie Blankenstein
Die Idee gefällt mir! Sollten wir auch mal in deutschen Klassenzimmern einführen…
Das britische /australische Erziehungssystem ist in Sachen „Friedliches Miteinander und Respekt“ sehr einfallsreich. Danke, Melanie, für diesen lehrreichen Beitrag zur Weihnachtszeit.
Danke Euch für das Lob! Das tut dem ‚ohfamoos Eimer‘ richtig gut! 😉