Josefa Raab: „Wir können mitgestalten“
Sie ist aktiv für den Bürgerverein Köln-Zollstock und sie liebt die Literatur wie die Natur. So ist der Offene Bücherschrank auf dem Kölner Südfriedhof für Josefa Raab, Mutter zweier Kinder (11 und 15) und gelernte Orthopädietechnikerin, ein perfektes Match. Warum, das erzählt sie Elke im Interview. Und sie weiß: „Wir können mitgestalten.“
Was für eine Atmosphäre! Ich kann Josefa Raab (42) sofort verstehen, wenn sie über den Kölner Südfriedhof sagt: „Es hat dort eine ganz, ganz besondere Atmosphäre in diesem so besonderen Bestattungsgarten, der sehr hübsch und zurückhaltend zugleich von der Friedhofsgärtnerei zurechtgemacht ist. Wunderschön, dort zu sitzen.“
Heute sitzen wir beim Spätsommertreff in Rodenkirchen, der Rhein ist nah, die Restaurantterrasse heimelig. Bezirksbürgermeister Manfred Giesen hatte einige Menschen aus dem Kölner Süden, die sich um das Gemeinwohl kümmern, eingeladen. Dort, in der Villa Rheinblick, setze ich mich mit der gebürtigen Kölnerin Josefa Raab in ein Eckchen. Manch Kölner kennt die rothaarige Frau, die es 2003 nach Zollstock zog, auch aus dem dortigen Unverpackt-Laden, wo sie als Servicekraft tätig war.

Elke Tonscheidt trifft Josefa Raab (rechts) in Köln zum Interview.
Josefa, was bedeutet Dir der Bücherschrank auf dem Südfriedhof in einem Satz?
Für mich stellt dieser Bücherschrank eine wunderbare Essenz dar … von all den Gefühlen, die die Friedhofsbesucher mitbringen.
Du meinst zum Beispiel das Gefühl der Trauer?
Sagen wir es so … ich hätte nicht gedacht, dass so viele Krimis dorthin kommen! Hingegen wenig Kochbücher und insgesamt inhaltlich wenig Schund.
Du hast einen Vergleich, da Du auch den hoch frequentierten Offenen Bücherschrank mitten in Zollstock betreust. Dort ist es sehr belebt, Geschäfte und Cafés drumherum, Bus- und Bahn-Haltestellen, also viel los an diesem Platz…
Genau, zwei völlig unterschiedliche Welten. Was den Bücherschrank auf dem Südfriedhof ausmacht, ist u.a. dies: Man kann dorthin ja nicht mit dem Auto fahren, um drei Kisten „Literatur“ abzuladen, die sich zuhause angestaut hat. Also wählt man aus.
Guter Gedanke, es macht einen großen Unterschied, weil man etwa eine Viertelstunde zum Bestattungsgarten hinläuft…
Genau, zu Fuß … oder man packt vielleicht etwas ins Fahrradkörbchen und das ist schnell voll. Deshalb wird mehr ausgewählt, was dorthin kommen soll.
Was entdeckst Du und bringst Du selbst auch Bücher dorthin? Als Mutter zum Beispiel Kinderbücher?
Tatsächlich habe ich dort letztens eine ganze Donald Duck Reihe gefunden, was mich amüsiert hat, weil ich das nicht erwartet hatte.
Das sortierst Du aber nicht aus, oder?
Auf keinen Fall! Ich gucke mir als Patin schon die Bücher an, die ich dort finde. Das ist ja auch eine Aufgabe von Pat*innen. Aber nur bei einem wirklich blöden Bauchgefühl nehme ich Bücher heraus. Wenn jetzt in einem Buch zum Konsum von Pilzen aufgerufen würde, ganz ohne auf Nebenwirkungen hinzuweisen, dann würde ich es nicht einfach stehen lassen. Und dieses Bild kann man sicher auf alle anderen Lebensbereiche übertragen.
- Im Bestattungsgarten auf dem Kölner Südfriedhof …
- … wurde der Bücherschrank 2023 platziert
Fehlt Dir etwas am Bücherschrank auf dem Südfriedhof? Als ich mal da war, sagte mir eine Frau, schön wäre jetzt noch ein Coffe-to-go Wagen…
Auf dem Südfriedhof sind vor allem Ruhe suchende Menschen unterwegs, trauernde Angehörige, die sich dorthin zurückziehen. Man grüßt sich durchaus, es ist – s. Donald Duck – auch fröhlich, aber eben kein Trubel. Und das suchen viele Menschen ja ganz bewusst …

Josefa Raab am Bücherschrank in Köln-Zollstock
… besonders in der heutigen Zeit, ich verstehe. Ich werte es als Zeichen, dass Du mit dem Zustand, wie es jetzt ist, zufrieden bist. Was ich noch nicht verstehe: Wie kommt eine doch noch junge Frau dazu, sich in einem Bürgerverein zu engagieren?
Die Idee der Bürgervereine ist es ja, dass die Bürger vor Ort mitgestalten können.
Auch sollten?
Meiner Meinung nach: ja. Wir sind mehr als nur Konsumenten. Man kann mehr aus seinem Leben machen als nur kaufen, atmen, essen, arbeiten und schlafen. Man kann mitgestalten, etwas miteinander tun – und ich kenne viele Menschen in meiner Umgebung, die das auch wollen. Nicht zuletzt danke ich hier gern meinem Partner, der mir für meine verschiedenen Aktivitäten den familiären Rücken freihält. Und vor allem möchte ich das meinen Kindern mitgeben und gern auch den Freund*innen meiner Kinder, dass man vor Ort seine Welt selbst mitgestalten kann.
Vielen Dank für das Interview!
Übrigens: So kannst Du einen Offenen BÜCHERSCHRANK GEWINNEN
Fotos: privat