Warum habt ihr das zugelassen?
Die Jugendlichen werden unbequem. Sie halten uns den Spiegel vor die Nase. Was wir darin sehen, mag nicht jedem gefallen. Jahrzehntelang schauen wir zu, was „die da oben“ tun bzw. ignorieren. Politikverdrossen sitzen wir die Dinge aus. Hoffen auf Veränderung. Viel reden, jammern und meckern – darin sind wir gut. Da müssen erst die Jungen kommen und uns zeigen, wie’s geht. Sie fragen: warum habt ihr das zugelassen? Und organisieren sich beeindruckend professionell. Zwischen 13 und 24 sind die meisten. Besonders viele Mädchen. Ihren zivilen Ungehorsam finden wir sehr ohfamoos.
Ob im großen oder kleinen – wir unterstützen das Engagement der jungen Generation für Klima- und Umweltschutz. Mögen ihnen eine Stimme geben. Heute stellen wir euch ein Mädchen vor, die sehr genau weiß, was sie will: weniger Plastikkonsum. Warum es ihr so wichtig ist, dass viel mehr von uns Erwachsenen mehr machen statt reden, darüber schreibt sie heute als eine unserer jüngsten Gastautorinnen. Wir haben sie neulich interviewt und nun darf sie als junge Bloggerin selber in die Tasten hauen.
Im Wasser fühle ich mich wohler als an Land
Hallo, ich heiße Marietta. Ich bin 13 Jahre alt und liebe das Meer. Meine Mutter sagt immer, das liegt vielleicht daran, dass ich im Wasser geboren wurde.
Ich möchte dir dies als erstes sagen: In ca. 18 Jahren – wenn ich 31 bin – könnte das Meer leer sein. Frei von Fischen, voll mit Plastik. Wie kann das sein? Ich möchte als erwachsene Frau nicht ohne baden oder schwimmen leben müssen. Ich möchte schnorcheln und wunderschöne bunte Riffe mit zahlreichen Fischarten sehen können. Bestimmt jeder – jeder von euch – findet das Meer schön, oder? Niemand kann mir sagen, das Meer sei langweilig. Denn jeder geht mindestens gerne mal eine Runde schwimmen oder erholt sich am Meer.
So viele Menschen verbringen ihre Urlaube dort. Du doch bestimmt auch, oder? Jetzt stell dir vor, dass du bei deinem nächsten Badeurlaub an der Ostsee, in Italien oder auf den Malediven keine Fische mehr sehen wirst. Stattdessen tote Tiere und graue Pflanzen mitten in einer Menge von Plastiktüten. Oder du findest plötzlich eine tote Schildkröte, eingewickelt in Plastikschnüre. Musst du schlucken?
Warum habt ihr das zugelassen?
Ok, komm ich mal auf den Punkt. Vor ca. drei Monaten kam der Meeresbiologe Robert Marc Lehmann an meine Schule (mein großes Vorbild, er ist super nett und macht so tolle Aktionen, schau dir seine Seite an). Er hat dort wie jedes Jahr im 7. Jahrgang einen Vortrag gehalten. Er sagte sowas wie:
„Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann sind die Meere in 18 Jahren leer.“
Das hat mich Tage danach beschäftigt; es ließ mich nicht mehr los! Robert erzählte uns, wie es um die Meere, seine Bewohner und Pflanzen steht. Dass Tiere sterben, weil sie Plastik fressen. Und dass quasi deine Generation dafür mit verantwortlich ist. Schon lange wisst ihr, dass ihr Raubbau an der Natur betreibt und für die Meereswelt und uns die Zukunft gefährdet. Auch dass der Klimawandel eine Folge der Umweltsünden ist. Aber das weisst du ja auch alles schon viel besser als ich. Also: Warum vermüllen wir unsere Umwelt immer weiter mit Plastik? Oder eher: Warum hast du und all die anderen Erwachsenen das zugelassen? Ist es euch egal, dass die zukünftige Generation in einer nicht mehr zu rettenden Umwelt aufwächst? Ist es so schwierig, etwas dagegen zu tun? Könnt ihr denn wirklich nichts ändern in der Politik?
Ihr tut nicht genug.
Unsere Umwelt kann man – wenn man jetzt nichts tut – einfach nicht mehr reparieren. Ihr hinterlasst uns Kindern so einen kaputten Lebensraum?! Entschuldige, wenn ich so böse klinge. Aber ich bin es. Es macht mir Sorgen. Und ich will, dass ihr und wir es ab jetzt besser machen! Deshalb engagiere ich mich.
- Ich habe einen Blog gestartet: www.for-oceans.jimdofree.com. Alle 14 Tage schreibe ich über Themen rund um das Meer, die Fische und das Plastikproblem. Jetzt lerne ich gerade Instagram zu nutzen, damit ich mit meinem Blog viele Leser und Leserinnen erreiche. Ich hoffe, dass es bald mehr werden.
- Dann war ich vor einigen Wochen mit einer Freundin Spenden sammeln in unseren Dörfern für den WWF. Zusätzlich haben wir noch kleine Flyer gebastelt und ganz oft ausgedruckt. Die Zeitung hat darüber berichtet. Wir haben während des Spendesammeln viel mit den Menschen über das Plastikproblem gesprochen. Wir haben also durch die Gespräche und den Zeitungsartikel viele Menschen erreicht. Sie werden hoffentlich darüber nachdenken, dass sie die Nutzung von Plastik in ihrem Leben ändern können und müssen.
- Außerdem habe ich letztes Wochenende geholfen, Geld für den Besuch von Robert Marc Lehmann an meiner alten Grunschule zu sammeln. Wenn er auch dort seinen tollen Vortrag hält, dann wissen wieder mehr Erwachsene und Kinder Bescheid. Das ist gut, weil ich glaube, dass viel noch nicht genau wissen, wie bedrohlich die Situation schon ist.
- In der Schule und bei meinen Freunden spreche ich öfter über den Verzicht von Plastik. Ich verstehe nicht, warum viele mitreden, aber sich trotzdem falsch verhalten. Meine Lehrerin zum Beispiel bringt immer noch diese kleinen Plastikwasserflaschen mit.
Bald werde ich auch zu Fridays for future gehen. Dort werde ich für besseren Klimaschutz demonstrieren. Aber das darfst du keinem erzählen. Vielleicht werde ich ja in Handschellen abgeführt. Oder meine Eltern. Weil ich ja zur Schule gehen muss, statt mich für meine Zukunft einzusetzen.
Wir müssen dran bleiben!
Das Motto des Monats lautet ja „Dran bleiben!“. Das passt gut, denn ich habe auch gelernt, dass ihr Erwachsene das Plastikproblem nur lösen könnt, wenn ihr ab jetzt und für immer etwas ändert. Also nicht darüber redet und kleine Sachen anstoßt, weil es gerade schick ist. Es geht wirklich um unseren Lebensraum!
Ich kann es nicht mit ansehen, wie die Natur nach und nach verschmutzt. Mein festes Bild vor Augen, wie die Welt besser wäre, ist ganz klar: ohne Plastikmüll, ohne diese Sorge vor dem Klimawandel. Sondern mit wunderschönen Riffen und vielen schönen Tieren. Dass keine Fische mehr Plastik als andere Fische oder Plankton fressen. Dass keine Tiere mehr vom Aussterben bedroht sind. Dass keine Wale mehr geschlachtet werden. Ich wünsche mir, dass du mal darüber nachdenkst, ob du schon genug gegen die Verschmutzung der Weltmeere tust? Jeder muss etwas tun. Dann tun alles etwas und wir schaffen es, dass die Welt kein Plastikproblem mehr hat.
Meine Alltagstipps gegen den Plastikkonsum
Hier sind 8 Tipps, wie du Plastik vermeiden kannst:
- Ganz klar! Benutze bitte keine Einweg Produkte mehr. Kaufe dir keinen Kaffee ToGo mehr. Fülle deinen Kaffee in einen Mehrweg- Becher.
- Verzichte auf mehrfach verpackte Produkte. Zweimal oder dreimal verpackt? Totaler Schwachsinn. Sag lieber nein und schone die Umwelt.
- Kaufe dir nur noch Taschentücher im Karton. Die in Plastik verpackte Taschentücher sin meistens zwei bis dreimal verpackt.
- Koche dir Zuhause lieber selbst statt Fertiggerichte. Denn die, sind meistens in Plastiktüten eingepackt.
- Wenn du im Supermarkt Gemüse oder Obst einkaufst, kannst du dies einfach in altes Zeitungspapier einwickeln oder diese Mehrweg-Säckchen benutzen.
- Hier eine einfache Anleitung, wie du kleine Tüten aus altem Zeitungspapier falten kannst.
- Du kannst auch mal in einem „Unverpackt“-Laden einkaufen. Wie der Name auch schon sagt, sparst du so unnötige Plastikverpackungen.
- Nehme dir für unterwegs immer eine Tupper-oder Gasflasche mit. Es schont total die Umwelt, wenn du keine Einweg-Plastik- Flaschen mitnimmst.
- Benutze keine Flüssigseife mehr. Denn Flüssigseife ist mal wieder in Plastikverpackungen verpackt.
Ich sage danke, dass ich hier bei ohfamoos über mein Herzensthema schreiben darf, ein bisschen stolz bin ich auch. Das ist eine große Sache für eine 13jährige. Wenn du Kinder hast – zeigst du ihnen meinen Beitrag? Vielleicht motiviert er sie, auch etwas zu unternehmen?
Meine Aktivitäten kosten gerade viel Zeit, in der ich auch gerne Fußball spiele, mit meinem Hund Agility mache oder Freunde treffe. Aber ich will ja unbedingt Meeresbiologin werden. Weil ich seltene Fische erforschen und bedrohte Arten schützen will. Als Apnoe-Taucherin will ich die Tiefe des Meeres erleben. Wusstest du, dass 70% der Erdoberfläche aus Meer besteht? Und nun sag‘ mir, dass es sich nicht lohnt, dafür zu kämpfen!
Also: Ahoi – und lass uns zusammen die Meere retten! (das ist mein Spruch!)
Deine Marietta
P.S.: Ich bin sooooooo sehr gespannt auf eure Kommentare.
Text: Cornelia Lütge
Fotos: privat und Ishan @seefromthesky on Unsplash
Danke Marietta!
Wundervolle und aufklärende Worte, die erschüttern und wachrütteln.
Friday for Future!
Liebe Marietta,
vielen Dank für Deinen Beitrag! Dein Engagement ist toll und vorbildlich. Weiter so!
Viele Grüße, Marketta
Liebe Marietta, ich finde das richtig toll was du machst!
Bleibe unbedingt dran. 👍🏻 Je mehr Menschen Du überzeugen kannst, desto intensiver kann gegen die Klimaproblematik vorgegangen werdende, denn auch Eure Kinder und Enkelkinder sollen eine intakte Erde vorfinden. Auch wir werden uns immer wieder disziplinieren, so wenig Plastik wie möglich im Alltag zu nutzen .
Hi Mariietta 😅👍 große Klasse und super Sache wie du das machst… Dranbleiben und nicht nachlassen… für eine sichere und lebenswerte Zukunft… für alle ⏰🍀
Super Sache dranbleiben hoffentlich fruchtet das bald…
Hallo Marietta, Danke für Dein Engagement. Es sollten aber nicht nur junge Menschen angesprochen werden, sondern ALLE! Die Jüngeren sollen jetzt schon bewußt auf Plastik verzichten, die Älteren sollten ihre Gewohnheiten überprüfen. Es wird wohl nie ganz ohne Plastik gehen. Hier ist die produzierende Wirtschaft gefragt. Ein Plastikboykott (soweit es eben geht) muss unbedingt erfolgen. Denn wenn es an den Umsatz geht, tut es den Firmen weh! Und Regierungen müssen die Möglichkeit zur Entsorgung/Verwertung von Plastik schaffen. Klar ist es billiger wunderschöne Inseln und Meere nach dem Motto „Geiz ist geil“ zu verwüsten. Wir müssen also an mehreren Fronten kämpfen! Übrigens bin ich 73 Jahre alt und kein grüner Freak. Ich liebe nur unsere Erde, die einzige, die wir haben. Viel Glück wünscht Dir, liebe Marietta, Evelyn
Hi du machst das prima. Robert Marc Lehman ist auch mein Großes Vorbild schau mal auf meinem Blog https://umweltchecker.blogspot.com/ Mach weiter so 👍
Ich habe soeben „3 nach 9“ gesehen und freue mich immer wieder, daß es inzwischen so viele junge gebildete Menschen gibt, die sich aktiv für die Rettung unseres Planeten einsetzen.
Es ist so unfaßbar, was Menschen überall unserer Umwelt antun; wie gedankenlos sie „in den
Tag hineinleben“; wie wenig Empathie sie für Ihre Mitmenschen, unsere tierischen Mitge-
schöpfe und die schöne Natur empfinden und letztlich sich selbst damit schaden.
Ich bin inzwischen 82 Jahre alt, als Kind 1946 mit meinen Eltern und 5 Geschwistern aus Nieder-Schlesien vertrieben. Wir hatten NICHTS, als wir nach Niedersachsen kamen.
Seit ich denken kann wurden wir dahingehend „erzogen“, uns Kleidung selbst zu fertigen,
Naturmaterialien zu verwenden. Bis heute gibt es in unserem Haushalt nur Porzellan, Glas und Holz.
Es wird nichts weggeworfen, das noch Verwendung finden kann.
Wir essen keine Fertiggerichte, es gibt keine Plastik- oder sonstige umweltschädlichen
Einrichtungsgegenstände.
Ich trage noch heute Kaschmir-Kleidung von 1965 und auch keine Unterwäsche aus Synthetik oder anderen künstlichen Stoffen.
Wir haben seit 1972 Pudel-Hunde, der Erste wurde 19 Jahre alt, die anderen 16, 8, 13 und
17 Jahre. Sie alle wurden nur natürlich ernährt, ohne Hunde-Fertigfutter. Stundenlange Spaziergänge im nahen Waldgebiet haben alle Hunde sehr geliebt.
Wir unterstützen den Tierschutz, den Weißen Ring, auch Wikipedia und andere Organisatio-
nen; als nächstes auch Herrn Lehmann.
Meine Hochachtung gilt Herrn Lehmann für seine so sinnvolle Arbeit !!!
Alles Liebe und gute Gesundheit wünsche ich und allen anderen Menschen, die wirklich viel Gutes tun !!!
Herzliche Grüße
Liebe Frau Jugel, was für ein toller Kommentar. Danke aus tiefem Herzen für diese Anmerkungen. Ich werde Herrn Lehmann informieren, dass Sie sich hier so wertschätzend gemeldet haben. Alles Gute, Elke Tonscheidt
Auch wenn der Beitrag schon älter ist, so hat er mich tief berührt, und möchte ein dickes Danke sagen.
Es ist so schön dass menschen in deinem Alter schon anfangen sich dafür einzusetzen. Das ist mehr als nötig.
Wenn doch nur manch Erwachsener so weise durchs Leben gehen würde, manchmal ist man am verzweifeln wenn man mit Leuten diskutiert, die meinen sie wissen alles besser und lassen nicht mehr zu, dass sie sich ändern…
Danke Marietta!!!
Danke liebe Daniela, danke. Ja, ich lese immer noch gerne Kommentare dazu. Es ist für mich immer noch soo wichtig, deswegen freut mich dein Kommentar sehr, auch wenn der Beitrag schon so lange her ist – fühlt sich an als hätte ich ihm gestern geschrieben-. Schönen Tag
Liebe Marietta auch von mir ein GROßES Lob für alles was Du und Deine Helferlein schon auf die Beine gestellt habt. Übrigens Herrn Lehmann kannte ich noch nicht 🙁 Stattdessen, und das wäre meine Empfehlung an absolut ALLE, ist die sehr aufschlussreiche Dokumentation SEASPIRACY (auf Netflix). Die Inhalte sind schwerer Tobak für jeden, je nachdem wieviel er oder sie schon weiß… Ich glaubte einiges zu wissen und war erstmal Fassungslos. Besonders, da ich aus anderen verschiedenen Gründen meist vegetarisch lebe, und später dachte: „och, dann eben (See)Fisch…“ Und nun??? Ich habe jedenfalls große Mühe überhaupt noch welchen zu kaufen. Das tut weh!
Ja, dieser Film hat uns, vor allem Sonja, auch beschäftigt! siehe hier:https://www.ohfamoos.com/2021/04/seaspiracy-wie-der-mensch-die-meere-zerstoert-und-was-wir-tun-koennen/